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#1

Echnaton:

in Aegyptica. - 30.04.2010 04:32
von Adamon • Nexar | 15.548 Beiträge

Aus: http://www.adelinde.net/538/isis-die-all...nende-gottheit/

Der Ägyptologe Prof. Jan Assmann

behauptet in seinem Buch



- gestützt auf eine Reihe von Geschichtsforschern der Vergangenheit – angefangen von Rabbi Moses ben Maimon, genannt Maimonides, bis hin zu Friedrich Schiller -, Moses habe sich Echnaton zum Vorbild genommen, als er seinen Monotheismus verkündete, denn er sei ja in Ägypten aufgewachsen und erzogen worden.
Echnaton

- so nannte sich Nofretetes Gatte, der ägyptische Pharao Amenophis IV. - war wahrscheinlich wie seine Mutter und seine Gattin abgestoßen von der Vielgötterei, so daß er sie verbot, als er 1365 v. u. Z. sein Amt antrat.

Statt seiner vielen Götter und Göttinnen sollte das Volk von nun an einen einzigen Gott anbeten: die – männlich gedachte – Sonne, den Sonnengott Re, auch Aton genannt.


Dieser neue Gott hatte zwar keine menschliche, aber doch noch immer eine Gestalt. Die Altäre, Tempel und Bildnisse des alten Glaubens ließ Echnaton zerstören und untersagte dem Volk seine altüberkommenen Feste.
Der Monotheismus war geboren

- in Ägypten, von Ägyptern, nicht von Juden.

Der große Zionistenführer Nahum Goldmann – noch in Unkenntnis der Forschungen Assmanns – hat sich einmal sehr stolz über den Monotheismus als “Erfindung” des Judentums und Geschenk an die Menschheit geäußert. Somit komme den Juden das Verdienst zu, die Vielgötterei durch die “überlegene” Lehre von dem Einen Gott abgelöst zu haben. Denn der Hebräer Moses sei es gewesen, der die Gesetzestafeln von dem Eingott JHWH (Jahweh) empfangen habe, deren zwei erste Gebote lauten:

1. Du sollst keine Götter haben neben mir.
2. Du sollst dir kein Bildnis machen.

Diese Gebote hat auch Allah seinen Anhängern, den Moslems, gegeben. Auch sie sollen sich kein Bildnis von ihm machen. So habe Ibrahim mit Ismael in Mekka die schwarzflächige Kaaba errichtet, einen Ort der Gottesanbetung ohne Kultbildnis.

Das ägyptische Volk indes litt, und als Echnaton nach 16 Amtsjahren gestorben war, holte es sich das Verlorene zurück und vernichtete das Andenken an Echnaton und seine Gemahlin Nofretete beinahe restlos. Zurück blieb das Trauma einer religiösen Radikalität, wie sie bis dahin unbekannt gewesen war.

Assmann schält nun heraus, wie mit dem mosaischen JHWH gleichzeitig etwas völlig Neuartiges in den Bereich der Religion eingeführt wurde, nämlich
die “Unterscheidung in wahr und unwahr”:

Der Raum, der durch diese Unterscheidung zuallererst geschaffen wird, ist der Raum des jüdisch-christlich-islamischen Monotheismus,

schreibt Assmann. Daher nennt er diese Konstruktion die

mosaische Unterscheidung.

Israel trennt sich von Ägypten. Sein “Exodus”, der Auszug der Kinder Israels aus Ägypten, der geschichtlich nicht nachweisbar und daher nur als Symbol zu werten sei, sei der Ausdruck seiner Unterscheidung von den Anderen, erklärt Assmann. Israel als das Eine nahm Abstand vom Andern, und “Ägypten” galt ihm fortan als Name für das Andere, das Ausgegrenzte, Verworfene, Kranke, religiös Unwahre und wurde ihm zum Inbegriff des “Heidnischen”.

Nur die Juden sind Menschen, die Nichtjuden sind keine Menschen (Talmud, Kerithut 6b, Jebhammod 61a).

Das große Gesindel sind die Völker der Erde, sie sind finster und werden Nichtjuden genannt (Talmud, Sohar III. 125 a).

Die so verabscheute Vielgötterei der “Heiden”, “Primitiven”, “Unreinen” dagegen hatte eine solche Unterscheidung in wahr und unwahr bis dahin nicht gekannt. Ihre Gottheiten trugen zwar verschiedene Namen, die die jeweiligen Stämme und Völker ihnen verliehen hatten, aber in ihrem Wesen unterschieden sie sich ursprünglich von Volk zu Volk nicht. Ihre Gottheiten waren, wie Assmann in Übereinstimmung mit den Matriarchatsforscherinnen unserer Zeit betont,

international, weil sie kosmisch waren … niemand bestritt die Wirklichkeit fremder Götter und die Legitimität fremder Formen ihrer Verehrung. Den antiken Polytheismen war der Begriff einer unwahren Religion vollkommen fremd.

Die Religionswissenschaftlerin Gerda Weiler

hält wie Assmann fest, daß bis in die Jungsteinzeit hinein

die Religion der Himmelsgöttin tatsächlich eine Weltreligion der frühen Menschen gewesen ist,

eine Religion der alleinigen und all-einenden Gottheit, die aber mit verschiedenen Namen angerufen wurde. So trägt die Gottheit mit ägyptischem Namen Ma’at



nicht nur eine Straußenfeder auf dem Kopf – die Straußenfeder ist ihre Hieroglyphe, das heilige Erkennungszeichen ihrer ordnenden Macht. Ma’at ist das Hauptprinzip der Welt, dem der Pharao zeitlebens verpflichtet ist. In der Ma’at ist die prähistorische Vogelgöttin zur menschengestaltigen Göttin geworden. (Weiler)

Das Zeichen für die Gottheit mit dem Namen Isis ist der Thron.

Oft ist die Gottheit mit dem Anch-Zeichen für Leben abgebildet. Das gleiche Sinnbild meint die Venus und das Weibliche schlechthin. Bei den Tuareg wurden Figürchen gefunden, denen das Anch-Zeichen zu Grunde liegt.



Die Himmelsgöttinnen breiten ihre Flügel aus und hüllen die Menschen, welche sie schützen wollen, wie in einen Mantel ein,

lesen wir bei Weiler und weiter:

In der ägyptischen Hochkultur sind es die Pharaonen, die von den Flügeln der Göttin beschattet werden.

Im Christentum erinnert der “Schutzengel” an sie.



Marc Aurel

läßt seinen Lucius von der Gottheit träumen:

Da bin ich, Lucius, durch dein Gebet gerührt, die Mutter der Natur, die Herrin aller Elemente, erstgeborenes Kind der Zeit, die Höchste der Gottheiten, Königin der Toten, Erste der Himmlischen, die alle Götter und Göttinnen in einer Erscheinung vereinigt … die alleinige Gottheit, welche unter mannigfacher Gestalt, verschiedenartigen Riten und vielerlei Namen der ganze Erdkreis verehrt, so nennen die Phrygier … mich Pessinuntia …, die Athener … nennen mich kekropische Athena, die Kyprier nennen mich paphische Venus, die Kreter Diktyna, die Sizilianer ortygische Proserpina; die Eleusinier nennen mich Demeter, andere Hera, wieder andere Bellona und Hekate und Rhamnusia. Aber die Äthiopier und die Ägypter, die die ursprüngliche Lehre besitzen, ehren mich mit eigenen Bräuchen und nennen mich mit meinem wahren Namen Königin Isis.

Die Germanen nannten die uranfängliche Gottheit Kleito, Jörd, Freia. Wir wissen nur so wenig von ihr, weil Ludwig der Fromme uns unsere Wurzeln gekappt hat, indem er alle vorchristliche Kultur unserer Altvorderen vernichtete.

Isis wird die “Zehntausendnamige” genannt,

hebt auch Assmann hervor,

sie ist der letztinstanzliche Referent aller Gottesnamen. Gott (hat) entweder alle oder gar keinen Namen, da er Eines und Alles ist.

Hier ist Isis zwar flugs zum Er geworden, das Sie, kaum aufgetaucht, ist schon wieder verschwunden, aber sonst stimmt Assmann mit Weiler und anderen Autoren überein. Doch
was trieb Moses

dazu, den grausam blutrünstigen, rachsüchtigen Herrschergott JHWH für seine Juden zu kreieren? Hatten sich die Israeliten doch

angesichts des höheren Alters und fortgeschritteneren Niveaus der ägyptischen Kultur … so vollständig den ägyptischen Riten und Sitten (angepaßt), daß es nicht möglich war, einen einzigen Unterschied in der Lebensform beider Völker herauszufinden,

schreibt Assmann und führt seinen Gewährsmann Spencer an, der die rabbinische Quelle zitiert,

die besagt, daß “wo immer die Israeliten in der Wüste haltmachten, sie damit anfingen, sich Götzen zu machen.” Die Götzen, die sie sich machten, waren ägyptisch. Der klarste Beweis ist das Goldene Kalb, das schon die alten Autoren … als Apis-Stier identifiziert hatten. Sie beteten zu dem Gott, den sie kannten, und nicht zu Mosis “unbekanntem Gott”.

Diesen Rückfall in die verbotene “Idolatrie”, die sog. Götzenanbetung, wollte JHWH unnachsichtig bestrafen, ließ sich aber durch Moses mit dem Hinweis auf “Abraham, Isaak und Israel” davon abbringen, das “halsstarrig Volk” zu “vertilgen”.

Also gereuete den HErrn das Übel, das er dräuete, seinem Volk zu tun. (2. Mose 32, 9-14)

Assmann fährt fort:

Begriff und Verabscheuung der Idolatrie wurden immer stärker im Lauf der jüdischen Geschichte.

Je später die Texte, desto stärker herausgearbeitet seien Abscheu und Spott, mit denen die Hebräer die Götzendiener überschütten. Im Psalm 115 zum Beispiel heißt es:

1. Aber unser Gott ist im Himmel; er kann schaffen, was er will.
2. Jener Götzen aber sind Silber und Gold, von Menschenhänden gemacht.
3. Sie haben Mäuler und reden nicht; sie haben Augen und sehen nicht,
4. sie haben Ohren und hören nicht; sie haben Nasen und riechen nicht,
5. sie haben Hände und greifen nicht; Füße haben sie und gehen nicht; sie reden nicht durch ihren Hals.
6. Die solche machen, sind ihnen gleich, und alle, die auf sie hoffen.
7. Aber Israel hoffe auf den HErrn! … 11-15 … der HErr denkt an uns und segnet uns; er segnet das Haus Israel … Ihr seid die Gesegneten des HErrn …

Mosis Ein-Gott ist somit wie die sog. Götzen ein persönlicher Gott, nur unerreichbar weit außerhalb und keineswegs mehr liebend mit der irdischen Lebenswirklichkeit vereint, die nun zum Jammertal wird.

Das strenge Gebot

du sollst dir kein Bildnis machen!

wird zwar später von der katholischen Kirche übertreten,


ist aber ein Anklang an die ursprüngliche Weisheit, die Menschen des Altertums aller Länder in ihren Mythen zum Ausdruck gebracht haben von der Schöpfungsmacht einer uranfänglichen Gottheit, die das Weltall mit seiner ganzen Mannigfaltigkeit der Lebensformen gebar, weiterhin durchdringt und in sich vereinigt, die dann aber in Bildnissen weiblicher Menschengestalten versinnbildlicht wurde.

Die katholische Mutter Gottes ist noch eine Erinnerung daran, wenn auch die Große Mutter zur Magd JHWHs herabgemindert wurde. Ihr Sohn ist zwar jetzt der “Gottessohn”, galt jedoch in der Antike als Sinnbild der Schöpfung, der Erscheinungswelt, die die Große Mutter als Schöpfungsmacht hervorgebracht hat. In ihrer Liebe zu ihrem Göttinsohn ist die Weltanschauung der antiken Menschen versinnbildlicht, die die Schöpfung noch nicht dual, sondern als Einheit mit der göttlichen Schöpfungsmacht sahen.


In einer späteren Isis-Darstellung ist die Erkenntnis eingeflossen, daß die Gottheit nicht meßbar (Putte mit Zirkel), das heißt mit der reinen Vernunft erfaßbar ist. Denn das Göttliche ist ohne Raum, Zeit und Ursächlichkeit.


Vergeblich sucht daher die Wissenschaft, den Schleier der Gottheit zu lüften. Deren Fußspuren im Erdboden sind das einzige, dem die messende Vernunft vielleicht ein Ahnen der Gottheit selbst abringen kann.

Das Göttliche erschließt sich der Menschenseele allenfalls spontan im Erleben.
Schiller – Beethoven

Die beiden Isis-Sprüche, die Schiller in seinem Werk Die Sendung Moses zitiert, hatte Beethoven sich abgeschrieben (nicht ganz exakt) und unter Glas gerahmt auf seinen Schreibtisch gestellt. Der erste Spruch – auf einer alten Bildsäule der Isis – lautet:

Ich bin, was da ist.

Der zweite Spruch – auf einer Pyramide zu Sais – heißt:

Ich bin alles, was ist, was war und was sein wird. Kein Sterblicher hat meinen Schleier aufgehoben.


. - Was Du aufdeckst, - offenbart sich . -

"Die Erlösung kann nicht verdient, nur empfangen werden, - darum ist sie die Erlösung". -
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#2

RE: Echnaton:

in Aegyptica. - 30.04.2010 04:45
von Adamon • Nexar | 15.548 Beiträge

15 Stellungnahmen zu “Isis – die alleinige, all-einende Gottheit”

1.
am 1. April 2009 um 09:57 Uhr1Helmut Wild

Vielen Dank fuer diesen so anregend gestalteten Beitrag. Religionsgeschichtlich besonders interessant finde ich die Herausarbeitung dieses offenbar zwei-phasigen geschichtlichen Prozesses der Entstehung des religioesen Fanatismus, der mit einer erzwungenen “Wahr-Unwahr”-Doktrin fuer das innerseelische Erleben einhergegangen zu sein scheint. Eigentlich kommt die Ueberstuelpung dieser Doktrin einem Verbot oder zumindest einer Reglementierung des inneren Erlebens gleich. Das erklaert vieles.
2.
am 1. April 2009 um 17:45 Uhr2Mithus

Für mich als a-theistisch (ohne Götter- oder Götinnenbild[er]) glaubenden Menschen ist es heute unerheblich, wer den Mono-Theismus begründet hat. Jedenfalls hat sich der des Echnaton nicht durchgesetzt und dennoch ist wohl der Gott des Mose (JHWH) auf diese frühe Gedankenlinie zurückzuführen wie auch manches Andere im jüdischen-christlichen Glaubensbild (wie Reinheit der Geburt). Aber eben für uns Heutigen ist das unerheblich, weil das “Gottsein”, das “Göttliche Wesen” oder vergleichbare Bezeichnungen nicht als “wahr” oder “unwahr” beschrieben werden kann, sondern ein objektives Numinosum bleiben müssen, also schlichtweg das “Unbenennbare”. Niemand hat die Wahrheit, es kann sich immer nur um ein Glaubensbild als magerer Abglanz dessen handeln, was wir subjektiv letztlich auf ein blindes Vertrauen im Glauben (Gegensatz: Wissen oder halten für) stützen.
Es bringt uns aus dieser Sicht auch nicht weiter, die Geschlechterfrage der “Gottheit”en historisch zu beleuchten,
weil dies mit der falschen, mitunter ideologisch gefärbten Aussage (als Behauptung) daherkommt, dieses Spezifikum weise auf eine bessere oder höhere, tiefere Einsicht hin. Gott oder Göttin sind aber nicht einsehbar, nur als (oft unbewußte) Projektion einbildbar, sie sind nicht verfügbar, nur glaubbar. Und damit wird die Glaubensfrage wieder eine höchst persönlich zu verantwortende, keine dogmatisch oder historisch ableitbare. Und genau hier sehe ich den Startfehler der christlichen, jüdisch verwurzelten Theologie. Ob die Sonne z.B. wie im Französischen männlich (wie wohl auch im alten Agypten? – le soleil ) und der Mond (la lune) weiblich ist – ganz andersherum als im deutschen Sprachgebrauch – besagt doch gar nichts über die Eigenschaft und Qualität des Abbildes aus. Es ist doch lange aus dem Theater der Antike bekannt, dass immer dort, wo der Mensch oder eine Handlung nicht weiter wußte, der “deus ex machina” auftritt. Das ist nur blasser Ersatz für eine Wahrheit, die wir Menschen nicht wirklich erkennen können.
Von daher, liebe Adelinde, sollten wir die alten Vorstellungen aus Zeiten, da man es nicht besser zu definieren wußte, ruhen lassen und mit Albert Schweitzer in spirituell wohl zutreffenderer und mythischer Sichtweise festhalten, dass der “Gott” oder die “Göttin”, die wir suchen und nicht näher beschreiben können und sollen (wie weise!), in unserer Seele, (Schweitzer: im Herzen) zu suchen sind.
Und da spielt nun in der Tat das Geschlecht hinein, denn “Frau” und/oder “Mann” empfinden spirituell einmal anders. Setze ich Dein “Göttinnenahnen” mit meinem “Gottempfinden” gleich und verwende die a-theistische Eingangsformel, reduziert sich ohnehin alles auf Ahnen und Empfinden. Beweisbar sind diese Gefühle nicht, sie sind aber für unsere jeweilige Lebenssituation von therapeutischem Wert.
Mithus
3.
am 1. April 2009 um 21:45 Uhr3Adelinde

Deine geäußerte Geringschätzung erstaunt mich. Es ist doch schön und gut zu wissen, woher wir und unsere Kultur kommen und welche Verfälschungen sich im Laufe der Jahrtausende ergeben haben. Wie kann man auf solches Wissen verzichten wollen, gerade auch im Hinblick auf die Gestaltung der Zukunft! Im Gegenteil ist weitere Vertiefung dieses historischen Wissens von großer Bedeutung. Ich persönlich bin den Forschern und Forscherinnen außerordentlich dankbar für ihre mühevolle, ergebnisreiche Arbeit.
4.
am 2. April 2009 um 09:28 Uhr4Mithus

Gerade weil wir an diesen überholten Bildern nicht festhalten sollten – 2000 Jahre jüdisch-christliche Mißachtung der Herzenslogik (stattdessen egozentrische Auserwähltheit) reichen doch wohl und Gaza schreit geradezu danach, dies endlich zu begreifen, dass der theistische Glaube, also auch der monotheistische Glaube, in dem Gott oder die Göttin menschliche Züge annehmen, nichts taugt, weil es Menschen sind, die das “Göttliche” definieren wollen und als Dogma, “Gerechtigkeit” in ihrem Verständnis, das nur begrenzt sein kann, meist sehr einseitig und immer auf den bloßen Verstand beschränkt deuten.
Aber bitte, ich spreche mich doch an keiner Stelle gegen die historische Aufarbeitung – gar mit Nichtachtung – aus! Wie käme ich dazu? Also möchte ich diesen Vorwurf von mir weisen.
Der Beitrag mußte wegen des vorangegangenen Aufsatzes über Frau Sölle, die wir beide doch sehr schätzen,
von mir in diesem Kontext gelesen werden. Frau Sölle ist, wenn nicht gar Schöpferin des Begriffs “A-Theismus”, so doch eine klare Befürworterin dessen. Mir kam und kommt es auf den Kontext an, der vielen Zeitgenossen noch nicht einmal bekannt ist. Daraus folgt: erst sich auf den Stand der heutigen theologischen Erkenntnisse bringen und dann – ggfs. – historisch hinterfragen. Methodisch kann man doch dagegen nichts haben. Gehe ich nämlich andersherum vor,
bin ich leicht geneigt, den neuen Blickwinkel – wie hier die gänzlich neue Richtung mit dem a-theistischen Glauben – zu verfehlen. Das zu vermeiden, war mein Anliegen, sonst nichts.
Mithus
5.
am 2. April 2009 um 23:22 Uhr5Helmut Wild

Lieber Mithus,
obwohl ich es sehr anregend finde, Ihre Kommentare zu lesen, wollte ich doch dazu nochmal auf den Inhalt der von Adelinde sehr gelungen zusammengestellte Buchbesprechung zurueckkommen. Das in die Geschichte Eintreten von “wahr und unwahr” im Zusammenhang mit Religion, das der besprochene Author geschichtlich ortet, hat mir persoenlich sehr viel bedeutet. Das ist eine ganz wesentliche Charakteristik fuer die judaeo-christliche Kultur, unter der ich aufwuchs und unter der ich litt und ganz gewiss immer noch leide. Und es ist ja auch unbestreitbar eine primaer maennlich gepraegte Kultur, diese judaeo-christliche. Sie hat das Weibliche gewaltsam ausgemerzt.
6.
am 4. April 2009 um 09:08 Uhr6Mithus

Lieber Helmut Wild,
mit Ihrer Antwort gehe ich völlig d’accord, soweit Sie auf historische (überprüfbare) Wahrheit pochen. Und auch Adelinde weiß, dass wir in dieser Frage völlig überein-stimmen. Für mich ist die Thora (hier im Sinne der 5 Bücher Mose) eine hoch politische, ideologische Schrift mit dem Ziel, die Einigung des damaligen Gesamtjudentums zu erreichen.
Daraus ist heute ein Vorherrschungswille geworden. Und dieser für die übrige Menschheit bestehende politische Vorherrschaftswille (s. Palästina und USA) ist für mich die eigentliche Wurzel allen Übels auf Erden, jedenfalls politisch betrachtet. (Bitte nehmen Sie den letzten Satz nicht zu verallgemeindernd, es gibt erhebliche Abweichungen auch unter jüdischen Gruppen. Leider sind Letztere eine nur kleine Minderheit. Auch gibt es nicht d a s Judentum, sondern viele sehr unterschiedliche Gruppierungen wie im Christentum).
Gerade habe ich zu der Frage der christlich-jüdischen Wurzeln ein zweitäges Seminar hinter mir, und einer der besten Judaisten in Deutschland, Herr Dr. Bergler (Uni Würzburg, s. Internet), hat dort in sehr präziser Weise belegt, dass es diese Quellen (besser: Verbindungen) gibt. Weil aber gern übersehen wird, dass auch die talmudische-rabbinische Tradition nicht aus dem Nichts oder gar als “jüdische Erfindung” daherkommt, sondern ihrerseits Quellen hat, die aber geleugnet werden, ist die Buchbesprechung bei Adelinde insoweit vollkommen angebracht und insoweit nicht zu beanstanden. Aber:
Ich wende mich gegen die provokante (aus meiner Sicht hoffentlich erlaubt) Überschrift. Dort heißt es: “Isis – Alleinige, all-einende Gottheit”. Es folgt dann ein Abriss der Geschichte, der plötzlich bei den Erkenntnissen einer ganz anderen Autorin, der Frau Gerd Weiler, endet und erst den Kontext zur Überschrift herstellt. Und gegen Letzteres nehme ich Stellung, weil ich es für wichtig halte, dass die heutige theologische Weiterentwicklung dabei nicht überehen wird. Rückblicke können die Gegenwart oft auch nur vernebeln.
Unstreitig ist die männliche Dominanz in der Tradition des monotheistisch verstandenen Gottesbildes und die mehrheitliche Praxis bis heute (s. Rom). Assmann – sein Buch kenne ich nicht – hat m. E. ein anderes Thema, nämlich das, woher der Monotheismus (männlichen oder weiblichen Charakters sei dahingestellt) letztlich herührt. Ich finde bei Adelinde leider kein direktes Zitat, dass auf die Geschlechterfrage bei Assmann hinweist. Im Gegenteil: wie s i e (Adelinde) selbst darauf hinweist, wird aus dem “Sie” plötzlich ein “Er”. Das ist ein Themenwechsel!
Bei Adelinde erfolgt nämlich nun eine abrupte Weichenstellung durch die Erwähnung von Frau Gerda Weiler, und wir begeben uns wieder auf ein sehr altes Streitfeld, nämlich der verbal-ideologischen Vergötterung des Matriarchats. Das alles hat nichts mit “Wahr” und/oder “Unwahr” in der Lebenspraxis zu tun! Deswegen sollten wir gerade nicht in das umgekehrte Übel verfallen und das “Weibliche” an die Stelle des “Männlichen” setzen, weil dies harmoniezerstörend ist. Die Menschen unterschiedlichen Geschlechts sind keine Gegensätze mit feindlicher Gesinnung, sie sollten Ergänzung in Achtsamkeit sein. Das lehrt die Herzenslogik, die jesuanische Grundlagen hat.
Da es für die aufgeklärten Christen keine personifizierten Gottesbilder mehr gibt (ich könnte Ihnen mindestens 5 zeitgenössische professorale Theologen nennen) und nach dem 2. Gebot auch nicht geben soll – kann es auf die alten Bilder der Vorfahren für “Aufgeklärte” nicht ankommen. Was für Historiker interessant ist, muß es nicht unbedingt für Glaubenssuchende mit sehr tiefgreifenden Beweggründen und Lebenserschütterungen sein. Diese sehen ja im Elend der männlich oder weiblich dominierten Gottesbilder keine Lösung mehr und kommen erst – wenn überhaupt – spät dahinter, dss alle menschliche Projektionen auf Gottesbilder
nichts taugen. Deswegen folge ich auch den Mystikern Meister Eckhardt und Albert Schweitzer und suche Gott, das Unbennnbare, im Herzen meiner Seele. Deswegen bete ich das Vater Unser in den Eingangszeilen so:
“Vater Unser, Geheimnis im Herzen unserer Seele”…..
Das ist meine g e g l a u b t e Wahrheit.
Mithus
7.
am 5. April 2009 um 22:46 Uhr7Adelinde

Du suchst Gott “im Herzen Deiner Seele”, lieber Mithus. So geht es auch mir. Das Göttliche durchdringt alles, auch die Menschenseele.

Weiter stimme ich mit Dir überein, daß “Gottesbilder nichts taugen”. Zwar mögen sie ursprünglich im Mythos als Sinnbilder tiefen Gotterlebens der Weisen gedient haben, aber sie sind ganz klar von den Völkern trivialisiert worden.

Beim Matriarchat geht es nicht wie beim Patriarchat um eine Herrschaftsform, nur mit anderem Vorzeichen. Zur Zeit der alten Weltanschauung, als die Menschen das Göttliche als Große Mutter wahrnahmen, die ihre Schöpfung, ihren Sohn, liebend umfing, waren Männer Könige, Pharaonen, aber dem Göttlichen, “Ma’at”, “Isis”, verpflichtet, keine Selbstherrscher. Ramses II. war es, der erstmals verkündete (in einer Inschrift):

Höret, ich spreche zu euch, ihr Menschen alle,
Meine Soldaten insgesamt,
Ich bin Re, der Herr des Himmels,
Der auf der Erde ist.

Ramses überhebt sich als erster, vergöttlicht sich selbst, weil er triumphiert, Ma’at habe seine Feinde zu Boden geworfen. Aus der unpersönlichen, alleinenden, weil alles durchdringenden Gottheit, der Großen Mutter, ist eine Kriegsgöttin geworden, deren vordringliche Aufgabe es ist, ihm, dem König, zu dienen. Er ist nicht mehr der Diener seines Volkes und des Göttlichen, sondern umgekehrt, das Volk und die Götter haben ihm zu dienen.

Dieser Verfall des religiösen Erlebens muß sich wie ein Lauffeuer über die Erde verbreitet haben. Nun traten Götter – als männliche Personen gedacht wie Zeus, Jupiter, JHWH – die Herrschaft über die Völker an und im selben Zuge verbreitete sich abgrundtiefe Weibesverachtung unter den Völkern.

Diese Vorgänge erforscht die Religions-Geschichtsforschung. Von den bisherigen Ergebissen sollte hier berichtet werden.

Im Hinweis darauf, daß der verdiente Ägyptologe Assmann Isis als ein Er bezeichnet, obwohl sie klar ein weibliches Sinnbild darstellt, sollte man weniger einen Feminismus befürchten als vielmehr ein Schmunzeln sehen darüber, wie fest die Vorstellungen von der Männlichkeit des Göttlichen auch bei solchen Freidenkern wie Assmann noch immer sind.
8.
am 6. April 2009 um 15:01 Uhr8Helmut Wild

Ich fage mich manchmal, was mich eigentlich so fasziniert, verschiedene Interpretationen totgesagter Mythen zu lesen, zu verfolgen und mich sowohl in die angesprochenen Mythologien als auch in die verschiedenen Sichtweisen hineinzudenken.

Ich selbst habe primaer einen aestetischen Bezug zu Mythologien. Deshalb bin ich eher skeptisch gegenueber der Ablehnung von bildlichen Darstellungen von Goettern und Goettinnen. Das leitet mich auf sehr feinfuehlige Pfade des Erlebens, das unendlich viel Zeit verlangt oder besser, zeitvergessen seine gedanklichen Wege gehen will.

Leider, leider, leider draengen mich andere Aktivitaeten. Hinter der Finanzkrise sehe ich gewitterschwarze Kriegswolken aufziehen. Ich muss schreiben. Ich muss die Menschen warnen vor den Plaenen der Maechtigen. Ich musss versuchen, analytische Gedanken in verstehbare Worte umzusetzen.

Symbolisch-mythologisch ausgedrueckt: Ich muss die Musen anflehen, mir zu helfen, die rechten Sprachgestalten zu finden.
9.
am 6. April 2009 um 18:23 Uhr9Adelinde

Die Sprache finden, die die Menschen verstehen – das muß gelingen, wenn man die Angesprochenen erreichen will.

Auch die Sinnbilder der Mythen sind Sprache, die – zumindest einstmals – verstanden wurde und noch heute verstanden werden kann. Vielen Dank, daß Sie sich zu den Bildern bekennen, lieber Herr Wild.

Es wird ja von keinem aufgeklärten Menschen verlangt, daß er die Bilder konkret und unmittelbar anbetet. Sie dienten ursprünglich und könnten auch heute noch dazu dienen, abstrakte Gedanken Menschen zugänglich zu machen, denen das Abstrakte nicht so liegt.
10.
am 14. April 2009 um 07:48 Uhr10Hape

Echnaton
Liebe Adelinde,
es war wohl eher eine Rückbesinnung auf die Gottheit seiner Vorfahren, denn die altägyptische Oberschicht war ursprünglich nordvölkischer Abstammung. Als Pharao hatte er die Möglichkeit, diese Gottheit durchzusetzen.
MvG
HPR
11.
am 14. April 2009 um 07:50 Uhr11Adelinde

Die Sonnenverehrung kommt ganz klar aus dem Norden, nicht aus dem Süden, wo die Sonne – anders als im Norden – in ihrer Intensität eher als lebensfeindlich erlebt wird.
12.
am 14. April 2009 um 11:52 Uhr12Mithus

Anmerkung zum Hinweis auf Schiller und Beethoven:
Die fast inhaltsgleichen Worte finden sich auch im 2. Buch Mose 3, 14: “Da sprach Gott zu Mose: Ich bin der, der ich bin” und gab damit die Erläuterung seines Namens JHWH an.
Dies könnte auch ein Hinweis auf die Herkunft aus dem Altägyptischen sein.
Nun wäre es interessant zu erfahren, was die Spruchbedeutung einerseits und das Bibelwort andererseits – außer dass sie sich auf Gottheiten bezieht – sinngemäß beinhaltet. Christliche Theologen haben verschiedene Lösungsangebote, die hier aufzuzählen nicht der Platz sind. Eines aber dürfte als Kern festgehalten werden können:
ICH BIN ist das Bewußtsein vom “Da-Sein”, vom Vorhandensein als Gott oder Göttin ohne kausale Geburtenkette, ohne Eltern, einfach existent, zumindest im jeweiligen Bewußtsein der glaubenden Menschen. Urgrund allen Seins, sagen heute die, die “den Schleier nicht aufheben “, entfernen können.
Mithus
13.
am 17. September 2009 um 17:30 Uhr13Pharmf313

Very nice site!
14.
am 12. Oktober 2009 um 20:25 Uhr14Das Adelinde-Gespräch » Blog Archive » Israels Exodus gab es nicht

[...] Das hat vor Jahren auch der Ägyptologe Jan Assmann herausgefunden (siehe hier): [...]
15.
am 13. Dezember 2009 um 09:09 Uhr15Das Adelinde-Gespräch » Blog Archive » Religiöse Sinnbilder – heute noch verstanden?

[...] zwar verschiedene Namen, ist aber im Wesen der Eine (siehe auch den Adelinde-Beitrag über Isis). Skandinavisches Felsbild: "Thor" Der Wettergott mit Blitz und Hammer in der Hand (man [...]



. - Was Du aufdeckst, - offenbart sich . -

"Die Erlösung kann nicht verdient, nur empfangen werden, - darum ist sie die Erlösung". -
zuletzt bearbeitet 27.10.2014 05:21 | nach oben springen
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#3

RE: Echnaton:

in Aegyptica. - 22.06.2010 13:35
von Adamon • Nexar | 15.548 Beiträge

Echnaton & Nofretete:
https://archive.org/details/terra-x-echnaton-nofretete

http://www.echn-aton.de/

http://www.hieroglyphen.net/andere/atonh...ton_Familie.htm


"Töchter des Echnaton":


Die Prinzessinnen von Amarna spielen eine besondere Rolle. Sie werden so beispielsweise auf sehr vielen Reliefs, welche die Königsfamilie von Amarna zeigen, abgebildet, wodurch sie unter anderem in wesentliche theologische Rituale miteinbezogen werden. Alle Prinzessinnen wurden zwischen dem 4. und 12. Regierungsjahr des Echnaton geboren. Dies geht exemplarisch aus einer Darstellung im Grab des Meri-Ra hervor. Dieses Bild zeigt den Empfang, bei welchem ausländische Gesandte Tribute an Echnaton zahlen. Alle Prinzessinnen sind hier mit Echnaton und Nofretete unter den Strahlen des Aton dargestellt. Das Ereignis ist in das Jahr 12 der Herrschaft Amenhotep IV: Echnaton zu datieren.

Oft kursieren Gerüchte um die besonders auffällige Kopfform der Prinzessinnen. Litten sie ebenfalls unter der selben Krankheit wie Echnaton (falls er überhaupt krank war ???) Wurde diese Kopfform künstlich herbeigeführt? Ob die Prinzessinnen unter einer medizinisch bedingten Anomalie leiden, kann ohne die Mumien nicht eindeutig gesagt werden, dennoch ist es höchst unwahrscheinlich, dass bei allen 6 Kinder die Krankheit - sofern es überhaupt eine gab - zum Ausbruch kam bzw. zur Veränderung der Schädelphysiognomie führte. Eine künstlich herbeigeführte Veränderung der Schädelform ist zwar in den frühen Kulturen Amerikas nachgewiesen, nicht jedoch in Ägypten. Viel wahrscheinlicher ist es, dass die Abbildungen, Reliefs und Darstellungen neuen Kunstvorstellungen unterlagen und dass diese abnormalen Darstellungen nichts mit medizinischen oder künstlichen Ursachen gemein haben...

http://de.wikipedia.org/wiki/Echnaton


Dateianlage:
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zuletzt bearbeitet 13.12.2022 21:58 | nach oben springen
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