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#1

Elektra:

in Griechenland. - 16.08.2010 15:01
von Adamon • Nexar | 15.548 Beiträge

Aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Elektra_%28Mykene%29

Homer überliefert, Elektra habe sich nicht in Mykene aufgehalten, als ihr Vater, König Agamemnon, vom Trojanischen Krieg zurückkehrte. Agamemnon sei dann von Aigisthos, dem Geliebten der Klytaimnestra, oder von Klytaimnestra selbst ermordet worden. Die beiden töteten bei dieser Gelegenheit auch Priamos Tochter Kassandra, die Agamemnon aus Troja geraubt hatte. Acht Jahre später kehrte Orest aus Phokis zurück, wo er nach dem Tod seines Vaters Zuflucht gefunden hatte.[2] Um seine Mutter und ihren Liebhaber zu täuschen, schickte er einen Boten voraus, der von seinem vermeintlichen Tod berichtete. Die untröstliche Elektra versuchte daraufhin ihre jüngere Schwester Chrysothemis zu einem gemeinsamen Mord an ihrer Mutter und dem verhassten Stiefvater zu überreden, diese lehnte jedoch ab.

Orest ist durch das Orakel von Delphi aufgefordert worden, nach Hause zurückzukehren und den Tod des Vaters zu rächen. Nach Aischylos begegnete er Elektra am Grab Agamemnons, wohin beide gegangen waren, um die Totenzeremonie durchzuführen. Orest vollzog mit Hilfe von Elektra an der Mutter und Aigisthos die Blutrache; aus dem vergossenen Blut erhoben sich die Erinnyen und verfolgten ihn, nicht aber Elektra.

Elektra heiratete später Pylades, ihren Cousin, einen engen Freund des Orest, Sohn des Königs Strophios von Phokis und dessen Gattin Anaxibia, einer Schwester Agamemnons, die für Orest gesorgt hatten, während dieser sich vor seiner Mutter und deren Geliebten versteckt hielt.

*


Elisabeth von Samsonow
Zur Animation der Statue der Elektra
Nach dem ägyptischen Mundöffnungsritual:

Animation der Elektra-Statue Elektra war die erkennende und sehende Tochter einer Mutter, deren Macht vor ihren Augen zu Ende ging. Das Mit-Leiden mit der Mutter hat ihr die Stimme verschlagen, weshalb sie leicht für den Elektra-Komplex in Beschlag zu nehmen war, also für die weibliche Variante des Ödipus-Komplexes, der den Mutterhaß mit der Vaterliebe kombiniert. Elisabeth von Samsonow hat nun in der Manufaktur Walli für die Walli Kunst-Leit’n ein daidalon gemacht, das dädalische Kunstwerk einer Statue aus Holz (gr. υλη = Materie, vgl. mater, Mutter), mit deren Hilfe Elektra ihre Stimme wieder erhalten und sich selbst äußern können soll. Das ägyptische Mundöffnungsritual *), das auch dem Dädalus bestimmt bekannt war, ist die Zeremonie, in welcher der Statue der Elektra die Stimme wieder gegeben wird. Die Statue der Elektra soll damit zum Orakel des starken Mädchens werden.

Die Animation der Statue der Elektra von Elisabeth von Samsonow nach dem ägyptischen Mundöffnungsritual hat am 25. Oktober 2006 in Innerschildgraben/Thernberg (NÖ) stattgefunden.
Mitwirkende: Gotthard Fellerer (Kurator und Musiker), Lizzy Mayerl (Göttin der Textilkunst), Philipp Levar (Assistenz). Fotos von Desislava Terzieva und Gotthard Fellerer.

*

Das »Buch der sieben Statuen« des Apollonios von Tyana beschreibt sieben Statuen, die aus sieben uranischen Materien gebildet sind. Jede dieser Statuen, also Sonne, Jupiter, Venus, Mars, Merkur, Mond und Saturn, befinden sich in ihrem jeweiligen Schrein, der ihr Eigentum und ihr Tempel ist. Inhalt der Schrift ist die Wiedergabe der Reden dieser Statuen, was Henri Corbin als Sachwalter des Textsinnes dazu bewogen hat, aus diesen Statuen die jeweiligen Priester der entsprechenden Tempel zu machen 1). Es sei das Ganze so zu verstehen, daß der Priester in einer bestimmten Verfassung der Begeisterung die emphatischen Grußadressen eines höchsten Vaters rezitiere; daß er als »Statue« bezeichnet wird, lässt sich aus dem innigen Zusammenhang zwischen dem Tempel und seinem Priester, welcher mehr oder weniger ein wesentliches Inventar des ersteren sein, ableiten. Uns scheint es nun aber eher so, daß man dem Text größere Ehre erweist, wenn man versucht, ihn wörtlich zu verstehen. Der Neuplatonismus ist eine Tradition von großen Bizarrerien, um es einmal so zu sagen, und es ist durchaus denkbar, daß neben angelologischen, pneumatischen und anderen dämonologischen Themen einmal von ihren Himmelsvätern berichtende Priester die Rede ist. Aber daß man Priester als »Statuen« und nicht als Priester bezeichnet hätte, derlei Intention lässt sich sonst nirgends finden. Wir kommen vielmehr, wenn wir uns erlauben, unter diesen Statuen tatsächlich Statuen zu verstehen, zu einer hierophantischen Praxis, die nicht nur Gegenstand der Schrift des Apollonios ist. Bei Lukian beispielsweise, in seiner großartigen Schrift über die Syrische Göttin und ihren Kult in Hierapolis, kommen ausdrücklich »redende«Statuen vor, die den fragenden Priester – eine Unterscheidung von Statue und Priester ist ganz offenkundig – die ihnen gestellten Fragen beantworten, wenn auch zugegebenermaßen nicht sehr artikuliert. Wir gelangen über diese buchstäbliche Lesart des Apollonios zu einem Thema, das in besonderer Weise dazu angetan ist, uns die Bedeutung der Kultplastik, genauer: ihre soziale, politische und kommunikative Bedeutung, zu erschließen. Diese Statuen sind nämlich, wenn sie reden, Orakel. Statuen statuieren, auf ihre Art 2).

Diese eigentümlichen Körper besitzen die spezifische Eigenschaft, Nachrichten von sich zu geben bzw. der Intuition von Gruppen auf die Sprünge zu helfen 3).

Die Statue funktioniert dann – genauso wie es übrigens Lukian beschrieben hat – wie ein Magnetfeld oder eine Erdantenne, die bewirkt, daß die Nachricht »herunterkommt« oder »herüberkommt«. Sie ist im eigentlichen Sinne ein theurgischer Apparat 4). Daß für eine solche kollektive mantische Praxis just eine Statue eine Rolle gespielt hat, muß uns zu denken geben. Es wäre nämlich daraus zu schließen, daß in jedem Fall die solide Masse des in einem Stoffwechselschema (Fleisch gegen Stein, Fleisch gegen Holz, Fleisch gegen Faser/Textil, Fleisch gegen Metall) akzeptierten Festkörpers als virulentes Schizosoma die Gruppe in jene »Seelenexpansion« hineinmanövriert, die sozusagen überschüssigen und überfließenden »Seelenstoff« freisetzt. Dieser wird dann gewissermaßen »gefangen« oder gesammelt und in der Statue als höheres Echo medial wirksam. Dieser Vorgang, wenn man ihn einmal hypothetisch so annehmen wollte, wirft ein Licht auf eine Eigenschaft lebendiger Körper, nämlich auf ihre Art des Wissens und der Kompetenz, die man (in Kontrast zum noetischen Wissen) als Orakelwissen bezeichnen könnte. Körper orakeln also, aber um ihnen die Orakelleistung planmäßig zu entlocken, muß die schizosomatische Maschinerie in Gang kommen, auf die offenbar die mykenische und kretische, die präödipale Welt spezialisiert gewesen ist. Die Suche nach der ungebrochenen Resonanz mit dem Mutterkörper, auf die der präödipale Mensch ausgerichtet war, schickt ihn, und zwar sowohl in Gestalt des Kindes als auch in Gestalt der territorialen Mutter-Königinnen, in die Schule. Die Kinder bleiben in jener Resonanz mit dem schützenden Großkörper, was dem politischen Modell der territorialen Mutter-Königinnen eingeschrieben ist. Diese nahmen die Frequenz des Großkörpers der Erde auf und verfeinerten die orakelnde Vernunft, diejenige Intuition, die eine nach unten gerichtete visionäre Begabung ist. Die delphische Sibylle bildet ihr professionelles Beispiel.

Corbins Reserve gegenüber einer Möglichkeit, dass Statuen reden könnten, mag durch seine Kenntnis der dädalischen Statuen begründet sein, die von Grégoire Loukianoff beschrieben worden sind 5). Diese Statuen sind Artefakte, merkwürdige Automaten, die durch eine raffinierte Konstruktion in der Lage waren, zu reden oder Bewegungen zu vollführen. Derek J. de Solla Price führt unter diesen Automaten auf: den Koloß von Rhodos, einen Schakalgott aus dem Louvre, von Dädalus erfundene Figuren, die vor dem Labyrinth auf und ab gingen, eine fliegende Taube, produziert von Achytas von Tarent, römische Orakelstatuen, Pygmalions Statue, Don Juans Schwiegervater und schließlich der Golem. Eine der spektakulärsten sei diejenige gewesen, die Mark Anton nach der Ermordung Cäsar hatte anfertigen lassen:

»From the bier Caesar arose and began to turn around slowly, exposing to their terrified gaze his dreadfully vivid face and his twenty-three wounds still bleeding. It was a wax model which Anthony had ordered in the greatest secrecy and which automatically moved by means of a special mechanism hidden behind the bed.” 6)

Wie de Solla Price unterstreicht, ist diese plastische Kunst (»plastic urge«) von dem Willen getrieben, die Welt bzw. die Natur zu simulieren (»to simulate the world« 7)). War also ein redender Gott der Fall in »dieser Welt«, den man simulieren wollte? Ohne die Vorgeschichte jener »Welt«, in der die natürlichen Körper orakelten, ist die Herleitung des Automaten kaum schlüssig. Der Technikgeschichte magischer Tricks muß also die Geschichte des Enthousiasmus, der Einfahrung des Göttlichen in sterbliche Körper vorausgeschickt werden, die Erfahrungen im Stile machtvoller Überwältigungen erzeugte und so nicht nur die theologische, auch die technische Neugier entzündete.

Diese technische Karriere es orakelnden Körpers knüpft an an die Mumie, der der Mund rituell geöffnet wird. Dann kommen jene plastischen Gebilde, die reden, weil sie das Pneuma angezogen haben. In dieser Weise sprechen Statuen wirklich mit den Priestern in Heliopolis und die Puppen und Kunstfiguren in den Kinderzimmern wirklich mit den Kindern. Das Rätsel dieses Sprechens versucht dann der Ingenieur zu lösen, indem er der Statue oder der Puppe einen Mechanismus gibt, der die Einfahrung der Seele augenfällig machen soll. Was so gut wie nie zusammengedacht wird, ist der kultische Einsatz der Statue und die ihr auf den Fuß folgende technische Karriere des »Orakelautomaten«. Wieso hätte die Produktion sprechender oder herumwandernder Statuen sonst interessant sein können? Nur dadurch, daß sie die Orakelkompetenz immer schon hatte, die durch den technischen Handgriff nur ausdrücklich gemacht wurde.

Vor dem technischen Wunderding kommt jener Einsatz der Statue, von der, wie Henri Corbin bemerkt, Giordano Brunos Text rede 8). Das bedeutet, daß sie, aus der Materie geformt, die zur Doppelgängerei mit dem Fleisch geeignet ist, den Auferstehungskörpers materialisiert. Die Mumie bzw. der Leichnam mögen die Vorform der sich als haltbarer erweisenden Statuen gewesen sein oder nicht, sie nötigen einem auf jeden Fall eine Revision des Begriffes vom Tode ab. Denn wären sie nur als tot empfunden worden, hätte sich wohl niemals diese intensive offene Neugier und diese Fülle von Projektionen an sie geheftet. Das Totsein, um das es geht und das diesen nach modernem Verständnis »Widerspruch« einer exquisiten Körperkonserve hervorgebracht hat, ist eine Form der Privilegierung, und wenn noch dazu ein Opfer im Spiel ist, handelt es sich um das Kunstwerk einer Vergöttlichung. Es ist augenscheinlich, daß ein bestimmter Dualismus angenommen werden muß, aber es ist im Unterschied zu den Dualismen, die in der Philosophie en courant sind, nämlich etwa der Leib-Seele-Dualismus, ein Leib-Leib-Dualismus, der die Phantasie einer Welt beflügelt, die keinen Tod, nur den Leibwechsel kennt.



Vgl. den folgenden Auszug aus dem altägyptischen Ritualtext (Wepet-Ra, das Mundöffnungsritual, nach der Übersetzung von Otto Helck übertragen auf eine weibliche Figur):

Ich habe dir deinen Mund geöffnet. Du hast dich mit deiner Mutter vereinigt, die zu dir gekommen ist. Wie gut ist dein Mund geworden, den ich dir an deine Knochen angefügt habe!
O du, die sieht, was vor ihr ist, und die sieht, was hinter ihr ist, bring diese zu mir!
Isis, suche die Tochter!
Eile, dass du deine Tochter siehst!
Sie hat mich zerbrochen.
Sie hat mich zerstoßen.
Meine Mutter! Meine Mutter!
Ich habe meine Mutter in jeder ihrer Gestalten gesehen.
Deine Mutter soll sich nicht von dir entfernen.
Die Gesichtsfängerin hat sie gefangen. Ich habe meine Mutter in jeder ihrer Gestalten gesehen.
Behüte, dass sie leidet.
Nichts sei an ihr zerstört.
Ich habe dieses Auge gerettet, damit es nicht verschlungen wird.
O Elektra! Ich habe für dich dein Auge vollendet, so dass du durch es beseelt bist.



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"Die Erlösung kann nicht verdient, nur empfangen werden, - darum ist sie die Erlösung". -
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#2

RE: Elektra:

in Griechenland. - 27.10.2014 23:22
von Adamon • Nexar | 15.548 Beiträge

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