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Hans Albert:

in Die man Philosophen nennt. - 24.05.2015 01:51
von Adamon • Nexar | 15.548 Beiträge

http://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Albert

In der Philosophie Alberts kommt der Erkenntnistheorie eine wesentliche Bedeutung zu. Zunächst die Ideen des Positivismus vertretend, sympathisierte er ab Mitte der 1950er Jahre mit dem Kritischen Rationalismus und entwickelte sich in Deutschland neben Karl Popper wohl zu dem bekanntesten Vertreter dieser philosophischen und wissenschaftstheoretischen Ansicht. Dementsprechend besagt eine grundlegende Annahme seiner philosophischen Auffassung, dass keine Behauptung bzw. Aussage (Proposition), entstamme sie nun evidenter Intuition, deduktiver Schlussfolgerung und Beweisführung (z. B. durch Axiomatik in Logik und Mathematik), empirisch-induktiver Erkenntnis, oder welchen Ursprung eine Aussage auch immer haben mag, auf eine sichere Begründung zurückzuführen sei. Es ist nicht möglich, für irgendeine Aussage Letztbegründung zu beanspruchen. Somit ist sicheres Wissen nicht möglich.

„Alle Sicherheiten in der Erkenntnis sind selbstfabriziert und damit für die Erfassung der Wirklichkeit wertlos“

– Hans Albert: Traktat über kritische Vernunft, 1991; 5. Auflage, Verl.: J.C.B. Mohr. S. 36

Den Thesen des klassischen Erkenntnisideals tritt Albert mit seiner Konzeption des Kritischen Rationalismus entgegen. Seine kritische Methode, Aussagen, Behauptungen, Theorien einer ständigen kritischen Prüfung zu unterziehen und die damit einhergehende Ablehnung jeglicher Letztbegründungsansprüche gründet sich wohl auf die Schlussfolgerungen, die aus dem sogenannten Münchhausen-Trilemma gezogen werden können. Albert stellt mit Hilfe dieses Trilemmas die These auf, dass jeder Versuch, eine Behauptung zu einer letztbegründeten und damit vollkommen unkritisierbaren Wahrheit zu erheben, scheitern muss und deshalb auch das klassische Erkenntnisideal mit seinem Rekurs auf einen archimedischen Punkt (Fundament), von dem aus sichere Erkenntnis garantiert werden kann, um damit zu einer letztbegründeten Behauptung, also einer absolut unbezweifelbaren Wahrheit des menschlichen Wissens zu gelangen, eine Illusion darstellt. Denn wenn ich behaupte, diese oder jene Aussage sei absolut wahr, weil ich sie auf eine absolut sichere Begründung zurückführen kann, dann bleiben mir laut der Konsequenzen, die sich aus diesem Trilemma ziehen lassen, stets drei Möglichkeiten, denen eine behauptete Letztbegründung zum Opfer fallen wird, und die deshalb allesamt den Lösungsversuch, irgendeine Behauptung als absolute und deshalb unkritisierbare Wahrheit auszeichnen zu wollen, zunichtemachen:

Eine Möglichkeit, an der die Behauptung einer letztbegründeten Wahrheit scheitern wird, ist der infinite Regress. Dieser bringt zum Ausdruck, dass der Prozess der Begründung nie endet. So kann für eine Begründung – auch für eine die behauptet, eine Letztbegründung zu sein – stets eine weitere Begründung erforderlich sein. Denn die Begründung eines zu erklärenden Phänomens ist ihrerseits wieder begründungsbedürftig.
Eine zweite Möglichkeit ist der Zirkelschluss, wobei eine Behauptung über ein Phänomen aufgestellt wird, die in dem behaupteten Phänomen selbst schon enthalten ist. Ein einfaches Beispiel für einen Zirkelschluss wäre folgende Argumentationskette: Warum legen Hühner Eier? Weil sie Hühner sind! Und warum sind sie Hühner? Weil sie Eier legen!
Die letzte Möglichkeit ist der willkürliche Abbruch des Begründungsverfahrens.

Sollen bei der Zurückführung von Behauptungen auf ein sicheres Fundament der infinite Regress und der logische Zirkel vermieden werden, dann wird anhand des gerade erwähnten „Scheidungsbeispiels“ deutlich, dass der Abbruch des Begründungsverfahrens prinzipiell möglich und gangbar ist, weshalb er so oder ähnlich in der Praxis häufig angewandt wird. Der Abbruch des Begründungsverfahrens scheint ein festes Fundament des sicheren Wissens zu bieten, solange eine Behauptung nur gut genug gegen kritische Einwände immunisiert werden kann und damit zu einer absolut gültigen Behauptung erhoben wird, an der kein Zweifel möglich scheint, ja gar nicht erst erlaubt sein soll. Doch ein solcher Abbruch der Begründungskette und die damit beabsichtigte Kritikimmunisierung ist nichts anderes als der Rekurs auf ein Dogma, das aufgestellt wird, um den Behauptungen das Risiko des Scheiterns an möglichen Einwänden zu nehmen. Dadurch bleibt der Akt der Willkür aber erhalten: Die Begründungskette wird an dem Punkt unterbrochen, der dem jeweils argumentierenden Menschen als genügend evident bzw. plausibel erscheint.

Alberts Konsequenz aus dem Münchhausen-Trilemma lautet: Alles und jeder ist fallibel. Nichts und niemand ist unfehlbar. Und wenn nichts und niemand unfehlbar sein kann, dann natürlich auch nicht der reine menschliche Geist oder die reine menschliche Sinneswahrnehmung, die die offenbarte Wahrheit der Welt empfangen und den Menschen in den Besitz der unbezweifelbaren Wahrheit der Welt bringen könnten, wie es von der klassischen Erkenntnislehre behauptet wird.

Albert versucht dem Letztbegründungsanspruch der klassischen Erkenntnislehre und damit jeglicher Art von Dogmatismus zu entgehen. Unsere Aussagen über die Welt sind somit stets als vorläufige Setzungen, eben als Annahmen über die wahren Vorgänge einer angenommenen realen Welt zu verstehen. All unsere Aussagen über die Welt sind Theorien, die so lange als gültig angesehen werden können, bis eine neue Theorie mit größerer Erklärungskraft, die die Welt umfassender und genauer beschreiben kann, die weniger Widersprüche und größere Kongruenz mit anderen Theorien über die reale Welt aufweist, die Beschreibung der Welt verbessert. Somit kann stets versucht werden, durch eine umfassende kritische Prüfung der als hypothetisch aufgefassten Aussagen über die Wahrheit unserer Erkenntnisse und unseres Wissens über die reale Welt, eine jede Theorie einer Erprobung zu unterziehen – sie an der Realität scheitern oder sich bewähren zu lassen und somit der Wahrheit vielleicht ein Stück näher zu kommen (Poppers Falsifikationsprinzip). Der Wahrheit unserer Erkenntnisse lässt sich durch eine kritische Prüfung an der realen Welt wohl eher näher kommen, als es mit dogmatischen Behauptungen möglich ist. Denn dogmatische Behauptungen beanspruchen ja bekanntlich für sich, dass sie die absolute und einzige Wahrheit darstellen. Mögliche Alternativen müssen also demnach allesamt der Unwahrheit entsprechen. Eine Sichtweise, die angesichts der unterschiedlichsten philosophischen und weltanschaulichen Auffassungen, von denen einige eben für sich in Anspruch nehmen, die Gewissheit zu haben, im Besitz der einen absoluten Wahrheit zu sein, eine widersprüchliche und deshalb unplausible, unbefriedigende Situation darstellt.

So hält der Kritische Rationalismus an der Idee der Möglichkeit einer bzw. der Wahrheit der Welt, wie sie auch in der klassischen Erkenntnislehre anzutreffen ist, fest, lehnt jedoch im Gegensatz dazu die vollkommene Gewissheit der Erkenntnis und des Wissens dieser Wahrheit und somit den Ausschluss jeglichen Zweifels ab. Die Idee der Wahrheit stellt hier, wie etwa bei Immanuel Kant, ein regulatives Prinzip des menschlichen Erkenntnisstrebens dar. Nichts kann als vollkommen wahr erkannt und mit absoluter Gewissheit gewusst werden. Aber deshalb die Idee einer möglicherweise (extramental) existierenden Wahrheit, der man näher kommen kann, ohne dies aber jemals mit letzter Gewissheit erkennen und wissen zu können, aufzugeben, kommt einer geöffneten „Schranke“ gleich, die dazu auffordert, den Weg des Relativismus und/oder Subjektivismus zu betreten, der sich im Hinblick auf seine Plausibilität, also im Vergleich seiner Behauptungen mit unsereren alltäglichen und wissenschaftlichen Logiken, Erfahrungen und Erlebnissen, die wir in und mit der realen Welt machen können, als offensichtlich zu widerspruchsvoll darstellt.

Der Kritizismus des Albert ist ein plausibler Ansatz, um zu einer möglichst klaren und möglichst widerspruchsfreien Beschreibung unserer menschlichen Erkenntnissituation und Wissensmöglichkeit zu gelangen. Aber in keinem Fall möchte er eine absolute Wahrheit verkünden, die frei von Irrtümern und Fehlern ist.

Die kritische Philosophie des Albert fasst sich selbst und damit auch seine eigenen Aussagen als Hypothese auf – eine Theorie, die sich der Kritik stellen möchte, um durch das Entdecken von Fehlern und Irrtümern in unserem Erleben der Welt und unserem Nachdenken über dieselbe, der vermuteten realen Existenzweise der Welt und somit der Wahrheit dieser Welt, vielleicht ein Stück näher kommen zu können. Ein Zitat von Albert soll diese Zielsetzung verdeutlichen:

„Während der klassische Rationalismus gewisse Instanzen – die Vernunft oder die Sinne – zu epistemologischen Autoritäten erhob und sie dadurch unfehlbar und damit kritikimmun zu machen suchte, weil sonst das Ziel der sicheren Begründung nicht erreichbar erschien, kann der kritische Rationalismus keiner Instanz mehr Unfehlbarkeit und damit das Recht der Dogmatisierung bestimmter Problemlösungen zugestehen. Es gibt weder eine Problemlösung, noch eine für die Lösung bestimmter Probleme zuständige Instanz, die notwendigerweise von vornherein der Kritik entzogen sein müsste. Es kann sogar angenommen werden, dass Autoritäten, für die eine solche Kritikimmunität beansprucht wird, nicht selten deshalb auf diese Weise ausgezeichnet werden, weil ihre Problemlösungen wenig Aussicht haben würden, einer sonst möglichen Kritik standzuhalten. Je stärker ein solcher Anspruch betont wird, umso eher scheint der Verdacht gerechtfertigt zu sein, dass hinter diesem Anspruch die Angst vor der Aufdeckung von Irrtümern, das heißt also: die Angst vor der Wahrheit steht.“

– Hans Albert: Traktat über kritische Vernunft, 1991; 5. Auflage, Verl.: J.C.B. Mohr. S. 44

Religionskritik:

„Religion kann definiert werden als [...] der Glaube an numinose Wesenheiten personalen oder impersonalen Charakters – Götter, Geister, Dämonen, Engel oder göttliche Mächte –, die bestimmte Eigenschaften und Wirkungsmöglichkeiten haben und daher für das Schicksal der Menschen und damit auch für ihr Heil von Bedeutung sind, und [...] eine damit verbundene Praxis der Mitglieder der betreffenden Gruppen, die geeignet ist, der Macht dieser Wesenheiten Rechnung zu tragen und sie im Sinne des eigenen Heils zu beeinflussen, also eine Kultur, die durch Heilstechnologie geprägt ist.“[7]

Albert, der sich selbst als dezidierten Atheisten sieht,[8] hat alle Formen des religiösen Glaubens und die real existierenden Religionen, insbesondere den Katholizismus, immer wieder scharf kritisiert.[9] Er wandte sich dabei ausdrücklich auch gegen liberale Theologen wie Rudolf Bultmann und Hans Küng. Gegen diese argumentierte er in erster Linie, dass die christliche Theologie keineswegs ohne Weiteres mit den Erkenntnissen der modernen Naturwissenschaft vereinbar sei und vor allem auch logische Inkonsistenzen aufweise (z. B. das Theodizeeproblem). Die hier von Theologen und Philosophen diskutierten Auflösungsversuche hält er für nicht stichhaltig.

Gegen den offiziellen Katholizismus machte Albert auch erhebliche ethische Einwände geltend: Er kritisierte hier einerseits Intoleranz und Autoritätsdenken, andererseits den Vergeltungsgedanken, der sich in den Vorstellungen von Höllenstrafen ohne jede Aussicht auf Gnade zeige.[10] Er kritisierte auch die Verteidigung religiöser Glaubenssysteme durch seinen alten Kontrahenten Jürgen Habermas, der damit der Aufklärung in den Rücken gefallen sei.


Hans Albert (2005)


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"Die Erlösung kann nicht verdient, nur empfangen werden, - darum ist sie die Erlösung". -
zuletzt bearbeitet 24.05.2015 02:27 | nach oben springen
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