RE: Magische Gedichte: - 2

#16

RE: Magische Gedichte:

in Literaturempfehlungen: 09.06.2010 11:03
von Adamon • Nexar | 15.449 Beiträge

Herbstfeuer:

Wenn
nun allerorts
die Feuer entfacht werden
in leeren Gärten
in kühlen Häusern
in eisigen Herzen
um zu erhellen
um zu erwärmen ...

äußerlich friert mich
innerlich brenne ich
Tag und ... Nacht
zu Dir
Dir zu


(Friederike Amort)

*

Delphin:

Über den Horizont will ich springen
und baden im großen See und
schwimmen zum andern Ufer
einer neuen Wirklichkeit und
erreichen ein neues Sein
im Teich der Unendlichkeit.

(Mayan Star)

*

Uhu:

Königlicher Vogel der Nacht,
stolzes Tier unserer Felslandschaften,
Schuhu, Bubo, Uhu,
so genannt nach Deinem Ruf.
Fast warst Du ausgestorben,
inzwischen ist Dein Bestand wieder gesichert.
Sehr gut ausgeprägt ist Dein Hör- und Seh-Sinn,
bist selbst ein lautloser Jäger.
Mit ausgebreiteten Flügeln erreichst Du
die Größe eines erwachsenen Menschen,
bist die größte Eule auf der ganzen Erde.
Du bist mein persönliches Totem aus dem Reich der Tiere,
Vogel der Nacht, Vogel der Weisheit
begleite mich durch mein Leben.

(Erwin Bauereiß)

*

Baumfreunde:

Die alte Trauerweide am See
hat der große Sturm geknickt.
Ich muss einen neuen
Lieblingsbaum suchen.
Ein mächtiger alter Baum
muss es sein.
Einer, der zu mir spricht,
wie die wunderschöne Linde
neben dem Bauernhaus
oder die Blutbuche
zwischen Waldrand und Autobahn,
der Nussbaum am Ried,
wo die Goldammer wohnt.
Oder doch lieber
die einsame alte Eiche
im Feld ?
Sie wird mir noch
am ehesten
erhalten bleiben.

(Brigitte Schneider-Ehring)

*

unvergesslich:

wenn der herbstwind
dein baumgesicht peinigt
und dir die blätter entreißt
die der frühling geschenkt

wird fast vergessen
das flüstern des frühlingswindes
und das streicheln des regens am morgen

man hört ganz fern
das seufzen eines gottes
weil die blätter sterben
und erde werden müssen

aber die erde kennt so
das windgeflüster und regenstreicheln
und kann den wurzeln sagen
wann wieder frühling ist

dann bleibt unvergessen
das flüstern des frühlingswindes
und das streicheln des regens am morgen

(Eckhard Erxleben)

*

Eichenkönig:

Eichenkönig, alter Freund,
Du warst immer hier,
wenn ich von langen Wanderungen wiederkehrte.
Du hast mir immer still gelauscht,
wenn ich Dir bei Sonnenuntergang
von Leid und Glück erzählte.

Alter Freund,
zwischen Deinen Wurzeln habe ich als Kind
mit Ästen und mit Eicheln gespielt
und Du hast mich beschützt.
Du hast mich viel gelehrt
in den Jahren, die seitdem vergingen.

Einst hat die Sonne Deinen Samen
im Erdreich erweckt
und er keimte empor,
getrieben von der Sehnsucht nach dem Licht,
und er wuchs und wurde stark und groß.
Seine Wurzeln tranken aus verborgenen Tiefen
und durch sein belaubtes Haupt stürmte der Wind.
Ein stilles Feuer ist Dein Wachsen, Eichenkönig,
und Deine Blüten, Blätter, Eicheln
überstanden Hagel, Blitz und Sturm.

Weise bist Du, mein Freund,
Du hast viele Düfte gerochen,
die der Frühling zu Dir trug;
Du hast den Krähen gelauscht,
die in Deinen Ästen Nester bauten,
als die Tage wärmer wurden;
Du hast schon viele Tiere
ihr Auge öffnen und ihr Auge schließen sehn,
wenn sich die Blätter bunter färbten;
und im Winter hast Du oft die Schmerzen gespürt,
die der Frost im harten Boden
Dir und deinen Brüdern brachte -
viele Monde hast Du schon gesehen.

Einst lag ich zwischen Deinen Wurzeln
und lauschte dem Wind
und spürte die Wärme der Sonne,
da verstand ich auf einmal Dein Raunen,
hörte Dich sprechen mit Gräsern und Sträuchern,
mit Vögeln und Rehen und Stein
und ich hörte von euren Sorgen,
vom Sterben der Bäume, dem Schwinden der Wälder,
von kranken Pflanzen,
von fliehenden Tieren
und vom Falken,
der seinen Horst verlor.

Ich will euch helfen, Eichenkönig,
meine Freunde und ich;
nimm' die Kraft, die wir Dir schenken,
wenn wir im Frühjahr
den Reigen um Dich tanzen,
nimm' das Geschenk und schütze den Wald.
Du bist weise, Eichenkönig,
lehre alles, was auf diesem Boden wächst,
das Mondlicht trinken,
wenn wir die Göttin rufen;
hilf ihnen zu erwachen, Eichenkönig,
aus ihrem Dämmerschlaf,
wenn wir das Licht der Sonne rufen.

Mein alter Freund,
Du hast mir Sagen erzählt
vom Heiligen Hain
und Lieder gesungen
vom Zauberwald,
in dem das Einhorn wohnt,
und auch von dem verwunschenen Forst,
aus dem noch niemand wiederkehrte.
Laß' Deine Wurzeln tiefer dringen
zu den Quellen des Lebens
und laß uns wieder einen Zauber weben
um diesen Wald,
daß ihn kein Beil,
kein Gift verletzen kann.

Wir brauchen Dich, Eichkönig,
denn wer kennt die Sprache des Waldes
so gut wie Du?
Wessen Erinnerungen reichen so weit zurück?
Wer kennt noch die Zauberworte?

Kommt, wenn der volle Mond am Himmel zieht
und laßt uns tanzen in der Nacht,
laßt uns des Waldes Atem atmen wie ein altes Lied
auf dass der Zauber wieder neu erwacht
über Forst und Bach und Rain im Wind,
und vielleicht ein Kind
einmal das Einhorn wiedersieht.

(Harry Eilenstein)

*

Zeichen der Zeit:

Regenwurm auf Beton,
warte doch - ich komme schon!

Dieses Graben, dieses Winden,
dieses Nichtmehrwiederfinden.
Dem Mutterboden doch so fern,
welche Macht, die wir da ehr'n.

Dein Schmerz ist mir so sehr bekannt,
drum berg ich dich in meiner Hand.
Bring dich zu deinem Grund zurück -
diese kleine Tat, sie ist mein Glück.

(Thomas Bach)

*

Schönheit grauer Landschaft:

Die bunte Pracht ihrer Blätter auf der Erde,
ragen die knorrigen Bäume triefend nass
in den wolkenverhangenen Himmel.
Von den Felsen, gewaltiger ohne den Flor des Sommers,
der Blick in die trübe Ferne.
Weite - weiter noch durch aufsteigende Nebel.
Unendliche Stille,
Feuchtigkeit in der Luft,
kalter Wind lässt die Haare wehen.


(Barbara Langston)

*

Von der Sonne hinab:

Es fielen von der Sonne hinab
zwei winzige weiße Sterne.
Durch den Weltraum, durch die Zeit
leuchteten sie in der Ferne.

Funkelnd kamen sie näher
auf ihrer Reise durch das All,
entdeckten den blauen Planeten,
durchbrachen Licht und Schall.

Dort sahen sie die Welt des Menschen,
Hass, Neid, Missgunst und Mord.
Eiligst flogen sie fort.

(Leila Schöttner)

*

Herbst-Mutation:

durch 1000 Blätter goldengrün
schickt Morgensonne Strahlenschleier
glitzert still im kühlen Hain
spiegelt sich versteckt im Weiher

strickt morgen Sonne Schal und Schleier
in Spinnenweben perlt der Tau
ent-igelt sich kokett im Weiher
der Himmel wolkenlos und blau

die Spinnen weben Perlentau
im Dunst erwachen feuchte Felder
und himmeln Wolken los - das Blau
durchdringt die Kronen lichter Wälder

die Gunst erwachend-feuchter Felder
zwängt sich nun durch jeden Zaun
durchdringend krönen sich die Wälder
mit goldorange und rötlich braun

verfängt sich jeder nun im Traum
bald ist Ernte auf dem Land
der Goldorangen - Rotlichtbaum
malt Sonnenflecken in den Sand

heut verlernt man hier im Land
der 1000 Blätter gründ wird gold
malt Sonnen eckig an die Wand
und hat die Stille überrollt.

(Jutta Ove)


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"Die Erlösung kann nicht verdient, nur empfangen werden, - darum ist sie die Erlösung". -
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#17

RE: Magische Gedichte:

in Literaturempfehlungen: 10.06.2010 13:22
von Adamon • Nexar | 15.449 Beiträge

Feuerflammen:

Hörst du, wie die Flammen flüstern,
Knicken, knacken, krachen, knistern,
Wie das Feuer rauscht und saust,
Brodelt, brutzelt, brennt und braust ?
Siehst du, wie die Flammen lecken,
Züngeln und die Zunge blecken,
Wie das Feuer tanzt und zuckt,
Trockne Hölzer schlingt und schluckt ?
Fühlst du, wie die Flammen schwärmen,
Glut aushauchen, wohlig wärmen,
Wie das Feuer, flackrig-wild,
Dich in warme Wellen hüllt ?

(Auszug aus dem Gedicht "Das Feuer" von James Krüss)


*

Gottes Maler:

Wo steckt er -
der göttliche Maler,
der den Blumen die Farben gibt ?
Wo hat Gott ihn entdeckt -
diesen Künstler,
der sogar dem kleinsten Marienkäfer
seine Punkte malt ?

Wie schafft er es,
den Himmel in glühendes Rot zu tauchen,
und ihn gleichzeitig mit schwarzen Wolken
und Pastelltönen zu bedecken ?

Woher nimmt er das Blau der tiefen Seen ?
Woher das Weiß von glitzerndem Schnee ?
Und wie bemalt er Papageien ?
Jede Feder einzeln ?
Sind Zebras schon im Mutterbauch gestreift ?

Wenn jemand diesen Maler tirfft,
so möge er ihm sagen,
dass an seiner Seite eine Lehre
für mich das Größte wäre.


(Sonja Kellermair)

*

Unfaßbar:

Unfaßbar die Sternensaat,
der vermessene Griff nach den Planeten:
Lichtpunkte im All
im Visier von Raketen.

Vermesse dich nicht:
Trag ihn nicht heim
den Lichtpunkt im Dunkel.
Führe die Kinder in den Wald
zum Staunen
wissend
der blühende Kirschbaum
wird dich anspringen
wieder und wieder
wie dieser Glühwurm am Wegrand.

Im Visier die Vision
der Wunder der Erde auf dem Mond des Planeten.
Der blühende Baum
im Visier des unmöglichen Menschen
im Visier deines Kindes.

Rette den Stern deiner Wunder,
bevor er zur Rampe verkommt
zu den Lichtpunkten,
zu den Rettungsankern im All.


(Ingo Lükemann)

*

Gott und Natur:

Gott ist in Allem.
Alles ist Natur.
Lese im großen Buch der Natur.
Werde still,
höre in Dich hinein,
fühle die Verbindung
von Körper, Geist und Seele,
die Einheit mit Gott.


(Erwin Bauereiß)

*

Die Naturmenschen:

Unsere Welt sind nicht die Einkaufszentren,
die Gewerbegebiete, die Freizeitparks,

unsere Welt ist draußen
bei den heiligen Steinen
bei den ur-alten Bäumen.

Unsere Welt sind nicht die elektronischen
Spielzeuge und die endlosen High-Ways,

unsere Welt sind stille Wege
im Wald, in der Heide,
in den Bergen des Himmels.

Unsere Welt ist nicht das Spiel um Geld
und Macht und Show im großen Zirkus,

wir lieben die Pflanzen,
ihre Vielfalt, und all
die kleinen Tiere.

Unsere Welt ist nicht die brutale Umgestaltung
der ganzen Erde durch Bagger und Bulldozwer,

unsere Welt ist das Hüten
verborgener Plätze
im Wald.


(Silent Wolf)

*


Geliebte Sonne,
der Götter Tochter,
wo weilest du so lang,
wo wohnst du so lang,
wenn du dich von uns entfernst?
Jenseits des Meeres,
jenseits der Berge,
da schützt du Herrenlose Gut,
da wärmst du die Hirten,
Geliebte Sonne,
der Götter Tochter,
wer wird am morgen dein Feuer entzünden ?
Wer dir am Abend dein Bett bereiten ?
Der Morgenstern,
der Abendstern,
Der Morgenstern entzündet dein Feuer,
der Abendstern bereitet dir dein Bett.
Viele sind mir Freund und Sippe,
Viele mein Geschenk und Segen ...

*

Leuchtender Mond:

immer zeigst du
das gleiche Gesicht
nimmst ab und zu nur
geliehenes Licht -

niemals ein Lächeln
im Spiegel der Nacht
und kein Gedicht
das dich strahlender macht.


(Siegfried Schüller)

*

Ein fernes Land,
ganz ubenannt...

Ein fernes Land...in einer Märchenwelt..
Die Menschen kennen es nicht....noch nie hat es einer gesehen...
die Menschen nehmen es nicht war..
Sie erkennen nicht die Macht...die ihm inne wohnt...

Ein magisches Land voller Fantasie und Zauberrei...

Alte Wälder,Flüsse und geheimnisvolle Gebirge..
unentdeckt und fern...

Burgen mit alten Gemäuern...Städte voller Fabelwesen...
die keiner kennt...in einem fernen Land...

Wo es noch Prinzessinnen gibt...die einen Prinzen haben...
Wo Feen und Elfen die Stämme der alten Eichen bewohnen...
Wo Einhörner gegen böse Drachen kämpfen...

Ein magisches Land...
Fern und unbenannt...

Öffne deine Augen,schau tief in deine Seele und in dein Herz....

Dann kannst du es sehn..

Es ist ganz nah....

*

Einhornjagd:

Warum fliehst Du vor mir ? -
Auf leisen Sohlen folgte ich Deiner Fährte,
Drang ein in das Zentrum Deines Zauberwaldes,
Um einen Glanz Deines Silberhorns zu erhaschen,
Aber je mehr ich Dir nachjagte,
Desto mehr entzogst Du Dich mir.

Ist es denn die Jungfrau allein,
Deren keusches Herz Dich anlockt,
Dich herauslockt aus dem Gründunkel des Waldes,
In dem Du sonst verborgen bleibst für immer,
Entzogen dem Auge des Jägers ?

Warum fliehst Du vor mir ? -
Auch mein Herz ist voller Reinheit:
siehst Du nicht, wie verwandt ich Dir bin ?
Ich bin ein mystischer Jäger,
Der dem Göttlichen allein nachstellt.
Und während ich dir nachzujagen glaubte,
Bist Du mir allzeit gefolgt auf meinen Wegen,
Ohn' dass ich Deine geräuschlose Spur bemerkte !


(Manfred Ehmer)


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#18

RE: Magische Gedichte:

in Literaturempfehlungen: 10.06.2010 13:29
von Adamon • Nexar | 15.449 Beiträge

Novembergedanken:

Der Milan flog gegen den Wind.
Wie sicher manche ihres Weges sind!
Ich dagegen, im Labyrinth gefangen,
bin manchmal falsche Wege gegangen:
wähnte mich fast schon am Ziel,
dem Mittelpunkt nah, doch der Vorhang, er fiel,
ein neuer Umweg war da.
Wo stehe ich jetzt, nah oder fern?
Ich suche den Faden, verborgen mein Stern -
ich atme die Stille - Novemberlied -
und hoffe zu wachsen, was auch geschieht!

(Elke Schuhmacher)

*

Archaeopteryx:

Ich will jetzt endlich wieder fliegen, fliegen, fliegen,
Das alte Kriechgewürm, nein ich ertrag's nicht mehr!
Ich will hinauf! Die Erdenschwerkraft kühn besiegen
Und meine Kreise ziehn hoch überm Jurameer.

Ihr Echsenvolk, mögt ihr nur in der Sonne liegen,
Die alte Erdgebundenheit könnt ihr nicht überwinden!
Doch ich will aufwärts steigen, fliegen, fliegen, fliegen,
Und im Unendlichen mich selber finden!

Um längst erloschene Vulkane will ich kreisen,
Auf steilen Felsenklippen mir mein Nest erbaun;
Ich will mit regenschweren Wolken meerwärts reisen
Und wie ein Gott auf diese Jurawelten schaun!

Ich bin der Archaeopteryx, der Herr der Lüfte!
Zur Sonne fliege ich empor mit Macht.
Und einsam wache ich im steilen Felsgeklüfte
In mancher mondbeschienen Kometennacht.

Dass ich ein Rätsel bin aus längst versunkener Welt,
Das sagen die, die mich dereinst versteinert finden:
Für sie bin ich ein Dunkel, das kein Licht erhelllt,
Und meines Wesens Kern wird keiner je ergründen.

(Manfred Ehmer)

*

Herbstmusik:

Rasch fällt das Laub -
es lichten sich die Kronen -
die graue Zeit
jagt lange Schatten -
ein wilder Wind
macht Herbstmusik.

Jetzt Sturm und Nacht
durchtanzen - geborgen sein
im kalten Nebel -
die Stunden sind so anders -
die Tage altern mild.

Vertrautes will vergehen -
Vergangenes kommt wieder -
uns bleibt
des Hoffens Trost.


(Johann Bernauer)

*

Sterne und Träume:

Weißt Du noch,
wie ich Dir die Sterne vom Himmel
holen wollte,
um uns einen Traum zu erfüllen?
Aber
Du meintest,
sie hingen viel zu hoch ...!
Gestern
streckte ich mich zufällig
dem Himmel entgegen,
und ein Stern fiel
in meine Hand hinein.
Er war noch warm
und zeigte mir,
dass Träume vielleicht nicht sofort
in Erfüllung gehen;
aber irgendwann ...?!

(Markus Bomhard)

*

Zeit:

Miß nicht die Zeit nach Tagen und nach Stunden,
miß sie an einem Atemzug voll Glück,
miß sie am Lachen deiner Kinder,
an einem zärtlich liebevollen Blick.
An einem Vogellied am frühen Morgen
an eines Abendsternes lichtem Schein!
Laß eines Regenbogens leuchend bunte Farben
dir Maßstab eines tiefen Glückes sein.
Auf steigt er und in weitem Bogen
neigt er sich wiederum der Erde zu.
So ist des Lebens Lauf
und hat er eine helle Spur gezogen
bist eine Sternenspur auch du.

(Margarete Steinhaus)

*

Sphärensang:

Und von seinem Rythmus tönend zu der Erztrabanten Schall
Stampfen wir Geschwister tönend unablässig um die Sonne
Unablässig durch das All! Wer denn hören will der höre
Der Planetenspären Klang
Und ins Bunt-Gemisch der Klänge stimmen Wale und Delphine
Ihre Botschaft an die Erde ein mit wundervollem Klang
Höre, höre Mutter Erde
Alte Mutter heilige Erde, wir verbeugen uns vor Dir,
lass es wachsen, lass es sprießen
Wassermann wird so sanft ausgießen
Heiliges Wasser über Dir
Die Vermählung kann beginnen, Deine Kinder werden singen
Mutter Erde wir sind mit Dir.

(Hans Wagner)

*

Tief in mir:

Tief in mir
Bin ich eine Zwiebel
Habe mich hinter
Sieben festen Häuten
Häuslich eingerichtet
Die Vorräte reichen lange.

Während der Schnee
Die Spuren des Weges
Hinter mir verwischt
Reift in Ruhe
Meine Kraft
Zum Durchbruch.

(Elke Schuhmacher)

*

Warum?

Deine Gefühle verbirgst du hinter einer Maske aus "Schein"!
Was nach aussen "scheint" ist künstlich und im Innen verbirgst du dein wahres Sein.
Nach aussen schützt dich die Maske wie ein harter Kern ~
und innen tobt das Leben und ist ihm doch fern.

Was hat dich bloss in diese Rüstung getrieben ~
und wer sagte dir nur, das sei so in deinem Lebensbuch eingeschrieben?

Ich seh dein warmes Licht und all deine Gefühle
verborgen hinter einem Schleier aus Angst und gefangen in einer Alltagstretmühle.

Sag - was ist geschehen , das die Wärme in dir keinen Weg mehr ins Aussen fand?
Was hat man dir gesagt, das du glaubst, Gefühle seien dumm und übertrieben?
Was brauchst du - um wieder alles fühlen zu können, das sie fällt die Mauer und Wand?
Was glaubst du selber?
Ist`s Mut sich zu öffnen, um wieder mit all dem was in dir ist - zu lieben?

Ich steh` hier und heisse Tränen laufen mir übers Gesicht ~
denn ich sehe dich hinter deiner Maske. Warum erkennst du das nicht?

Stattdessen verrätst du mich jeden Tag immer wieder aufs neu.
Du weisst es im Innern - und doch bleibst du deiner Maske treu!

Solange du nicht weisst wie sich die Liebe anfühlt im Herzen ~
solange wirst du hocken in Zweifeln und auch in Schmerzen.

Erst im öffnen des Herzens wird dir offenbar ~
das die Sicherheit im Verstand ~ nur eine Gaukelei war.
Du scheust die Verletzlichkeit - wie die Motte das Licht ~
doch im Vertrauen erkennst du - ohne sie geht es nicht.

Weisst du immer noch nicht, wer da innen weint und zu dir spricht?

(°copy°Carola Dezember 2007)

*

Dialoge der Seele:

Das irdische Selbst sagt: »Liebe Seele,
Die Erde ist schön in dieser Jahreszeit:
ein Teil von dir ist gewiss berührt
von den Blättern, die überall herabtaumeln,
und von der nebligen Herbstdämmerung,
die um die Häuser zieht wie
ein Geist auf Schatzsuche.
Doch sollte nicht einmal dies dich berühren -
reicht es denn nicht, dass ich dich sprechen will ?
Du bist doch schließlich meine Seele,
und ich kann nicht einsehen, warum ich
einen Termin brauche, um einen Moment mit dir zusammen zu sein.

(Dialog der Seele, Kapitel 1, von Jane Roberts)

*

Die ganze Schöpfung ist die Schönschrift Gottes,
und in seiner Schrift gibt es nicht ein sinnloses Zeichen.
Der Schriftzug der Meteore am Himmel,
der Flug der Zugvögel in den Herbstnächten
und der Weg der Sonne durch die Wendekreise,
die Jahresringe am Stamm einer Zeder,
alles sind Zeichen, die uns Botschaften übermitteln.

Und wir selbst sind ebenfalls Zeichen Gottes.
In jedem einzelnen von uns ist diese göttliche
Schrift eingegraben, unser ganzes Sein ist eine
Mitteilung und Botschaft Gottes.

Wir sind Gottes Ebenbild. Gott ist im Innersten
allen Seins und er ist auch in uns.

(Ernesto Cardenal)


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#19

RE: Magische Gedichte:

in Literaturempfehlungen: 10.06.2010 13:46
von Adamon • Nexar | 15.449 Beiträge

Rauch:

Blaue, schlanke Rauchschlangen
Winden sich wie eine Bauchtänzerin
Zum Himmel empor
Langsam, mit gleichmässigen Bewegungen
Stets nach oben
Mit sicherem Ziel
Mit eiserenem Willen
Überwinden sie jedes Hindernis
Stets nach oben
Ohne zurück zu blicken
Ich schaue gebannt zu ihnen empor
Bis sie sich gänzlich aufgelöst haben
Und blicke zu ihren Quellen
Und zurück bleibt ein Häuflein noch warmer Asche.


(Hanna Falkenstein)

*

Kirschenzweige bringt ein Mädchen
Über kahle, kalte Heide.
Dämmertag ist Nacht geworden,
Dörfchen blinkt wie Lichtgeschmeide.

Engelsstimme singt vom Himmel:
Dunkle Reiser, seid erkoren,
Staubverweht sind lang die Blumen,
Feld und Garten eingefroren.

Ihr nur werdet grünend leben,
Wenn der Erde Pflanzen fehlen.
Heilige Nacht wird Blüten treiben,
Und ein Glück kommt in die Seelen.

Letztes Rot verlischt am Walde.
Ton in Lüften bebt entschwindend.
Über die verhüllte Heide
Haucht der Bergwind, Schnee verkündend.

(Hans Carossa)

*

St. Niklas' Auszug:

St. Niklas zieht den Schlafrock aus,
klopft seine lange Pfeife aus
und sagt zur heiligen Kathrein:
"Öl mir die Wasserstiefel ein,
bitte hol auch den Knotenstock
vom Boden und den Fuchspelzrock;
die Mütze lege obendrauf,
und schütt dem Esel tüchtig auf,
wir reisen, es ist Weihnachtszeit.
Und dass ich's nicht vergess', ein Loch
ist vorn im Sack, das stopfe noch!
Ich geh' derweil zu Gottes Sohn
und hol' mir meine Instruktion."
Die heil'ge Käthe, sanft und still,
tut alles, was St.Niklas will.
Der klopft indes beim Herrgott an;
St. Peter hat ihm aufgetan
und sagt: "Grüß Gott, wie schaut's denn aus?"
und führt ihn ins himmlische Werkstättenhaus.
Da sitzen die Englein an langen Tischen,
ab und zu Feen dazwischen,
die den kleinsten zeigen, wie's zu machen,
und weben und kleben die niedlichen Sachen,
hämmern und häkeln, schnitzen und schneidern,
fälteln die Stoffe zu niedlichen Kleidern,
packen die Schachteln, binden sie zu
und haben so glühende Bäckchen wie du!
Herr Jesus sitzt an seinem Pult
und schreibt mit Liebe und Geduld
eine lange Liste. Potz Element,
wieviel artige Kinder Herr Jesus kennt!
Die sollen die schönen Engelsgaben
zu Weihnachten haben.
Was fertig ist, wird eingesackt
und auf das Eselchen gepackt.
St. Niklas zieht sich recht warm an -
Kinder, er ist ein alter Mann -,
und es fängt tüchtig an zu schnein,
da muss er schon vorsichtig sein!
So geht es durch die Wälder im Schritt,
manch Tannenbäumchen nimmt er mit,
und wo er wandert, bleibt im Schnee
manch Futterkörnchen für Hase und Reh.
Leise macht er die Türen auf,
jubelnd umdrängt ihn der kleine Hauf:
"St. Niklas, St. Niklas, was hast du gebracht?
Was haben die Englein für uns gemacht?"
"Schön Ding!" Gut Ding!" Aus dem himmlischen Haus"
Langt in den Sack! Holt euch was raus!

(Paula Dehmel)

*

Advent:

Es treibt der Wind im Winterwalde
die Flockenherde wie ein Hirt,
und manche Tanne ahnt, wie balde
sie fromm und lichterheilig wird,
und lauscht hinaus. Den weißen Wegen
streckt sie die Zweige hin - bereit,
und wehrt dem Wind und wächst entgegen
der einen Nacht der Herrlichkeit.

(Rainer Maria Rilke, 1875-1926)

*

Noch ist Herbst nicht ganz entflohn,
aber als Knecht Ruprecht schon
kommt der Winter hergeschritten,
und alsbald aus Schnees Mitten
klingt des Schlittenglöckleins Ton.

Und was jüngst noch, fern und nah,
bunt auf uns herniedersah,
weiß sind Türme, Dächer, Zweige,
und das Jahr geht auf die Neige,
und das schönste Fest ist da.

Tag du der Geburt des Herrn,
heute bist du uns noch fern,
aber Tannen, Engel, Fahnen
lassen uns den Tag schon ahnen,
und wir sehen schon den Stern.

(Theodor Fontane)

*

Christkind im Walde:

Christkind kam in den Winterwald,
der Schnee war weiß, der Schnee war kalt.
Doch als das heil'ge Kind erschien,
fing's an im Winterwald zu blühn.

Christkindlein trat zum Apfelbaum,
erweckt' ihn aus dem Wintertraum.
"Schenk Äpfel süß, schenk Äpfel zart,
schenk Äpfel mir von aller Art!"

Der Apfelbaum, er rüttelt' sich,
der Apfelbaum, er schüttelt' sich,
da regnet's Äpfel ringsherum;
Christkindleins Taschen wurden schwer.

Die süßen Früchte alle nahm's,
und also zu den Menschen kam's.
Nun, holde Mäulchen, kommt, verzehrt,
was euch Christkindlein hat beschert!

(Ernst von Wildenbruch, 1843-1909)

*

Vom Himmel in die tiefsten Klüfte
ein milder Stern herniederlacht;
Vom Tannenwalde steigen Düfte
und hauchen durch die Winterlüfte
und kerzenhelle wird die Nacht.

Mir ist das Herz so froh erschrocken,
das ist die liebe Weihnachtszeit!
Ich höre fernher Kirchenglocken
mich lieblich heimatlich verlocken
in märchenstille Herrlichkeit.

Ein frommer Zauber hält mich wieder,
anbetend, staunend muss ich stehn;
es sinkt auf meine Augenlider
ein goldner Kindertraum hernieder,
ich fühl's, ein Wunder ist geschehn.

(Theodor Storm, 1817-1888)

*

Schenken:

Schenke groß oder klein, aber immer gediegen.
Wenn die Bedachten die Gaben wiegen,
sei dein Gewissen rein.

Schenke herzlich und frei.
Schenke dabei, was in dir wohnt
an Meinung, Geschmack und Humor,
so dass die eigene Freude zuvor
dich reichlich belohnt.

Schenke mit Geist ohne List.
Sei eingedenk, dass dein Geschenk
du selber bist.

(Joachim Ringelnatz, 1883-1934)

*

Der Weihnachtsstern:

Von Osten strahlt ein Stern herein
mit wunderbarem hellem Schein,
es naht, es naht ein
himmlisches Licht,
das sich in tausend
Strahlen bricht!
Ihr Sternlein auf dem
dunklen Blau,
die all ihr schmückt des
Himmels Bau
zieht euch zurück vor diesem
Schein.
Ihr werdet alle winzig klein!
verbergt euch, Sonnenlicht
und Mond,
die ihr so stolz am Himmel thront!
Er naht, er naht sich von fern -
von Osten her -
der Weihnachtsstern

(Franz von Pocci 1807-1876)



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#20

RE: Magische Gedichte:

in Literaturempfehlungen: 10.06.2010 13:53
von Adamon • Nexar | 15.449 Beiträge

Weihnachtszeit:

Wunder schafft die Weihnachtszeit.
Vor dem Dorf, darin verschneit
Jeder Hof und jedes Haus,
Vogelbeerbaum, Nacht für Nacht
Hundert Lichtlein trägt, entfacht,
Die da leuchten weit hinaus.
Achtet seiner Herrlichkeit
Niemand auch im Wintergraus,
Bläst der Wind doch
keins ihm aus,
Alle strahlen dicht gereiht -
Wunder schafft die Weihnachtszeit.

(Martin Greif 1839-1911)

*

Sie sagen, immer wann die Jahrszeit naht,

wo man des Heilands Ankunft feiert, singe
die ganze Nacht durch dieser frühe Vogel:
dann darf kein Geist umhergehn, sagen sie;
die Nächte sind gesund, dann trifft kein Stern,
kein' Elfe naht, noch mögen Hexen zaubern:
so gnadenvoll und heilig ist die Zeit.

(Aus "Hamlet" von William Shakespeare, 1564-1616)

*

Gefunden:

Ich ging im Walde
So vor mich hin,
Und nichts zu suchen,
Das war mein Sinn.
Im Schatten sah ich
Ein Blümlein stehn,
Wie Sterne blinkend,
Wie Äuglein schön.
Ich wollt es brechen,
Da sagt' es fein:
Soll ich zum Welken
Gebrochen sein?
Mit allen Wurzeln
Hob ich es aus,
Und trugs zum Garten
Am hübschen Haus.
Ich pflanzt es wieder
Am kühlen Ort;
Nun zweigt und blüht es
Mir immer fort.

(Johann Wolfgang von Goethe)

*

Weihnachten bei den Großeltern:

Heut Abend, als wir zu euch gingen,
da war in der Luft ein leises Klingen,
da war ein Rauschen, man wusst nicht woher,
als ob man in einem Tannenwald wär,
da huschte vorüber und ging nicht aus
ein heimliches Leuchten von Haus zu Haus.
Der Mond kam über die Dächer gesprungen:
"Wohin noch so spät, ihr kleinen Jungen?
Ihr müsst ja zu Bett, was fällt euch ein?",
und lachte uns an mit vollem Schein.
Da lachten wir wieder:
"Du alter Klöner,
heut Abend ist alles anders und schöner.
Und glaubst du's nicht, kannst mit uns gehen,
da wirst du ein blaues Wunder sehn."
Da sprang er leuchtend uns voran,
bei diesem Hause hielt er an.
Wir gingen hinein mit froher Begier,
und Klingen und Rauschen und Leuchten ist hier.

(Jakob Loewenberg 1856-1929)

*

Still ist die Nacht:

Still ist die Nacht; in seinem Zelt geborgen
der Schriftgelehrte späht mit finstern Sorgen,
wann Judas mächtiger Tyrann erscheint.
Dann lüftet er den Vorhang, starrend lange
dem Sterne nach, der streicht des Äthers Wange
wie Freudenzähre, die der Himmel weint.

Und fern vom Zelte, über einem Stalle,
da ist's, als ob auf niedre Dach er falle,
in tausend Radien sein Licht er gießt:
Ein Meteor! so dachte der Gelehrte,
als langsam er zu seinen Büchern kehrte.
O weißt du, wen das niedre Dach umschließt?

In einer Krippe ruht ein neugeboren,
ein schlummernd Kindlein; wie im Traum verloren
die Mutter knieet, Weib und Jungfrau doch.
Ein ernster, schlichter Mann rückt tief erschüttert
das Lager ihnen; seine Rechte zittert
dem Schleier nahe um den Mantel noch.

Und an der Türe stehn geringe Leute,
mühselge Hirten, doch die Ersten heute,
und von den Lüften klingt es süß und lind,
verlor'ne Töne von der Engel Liede:
Dem Höchsten Ehr und allen Menschen Friede,
die eines guten Willens sind!

(Aus: "Am Weihnachtstage" von Annette von Droste-Hülshoff, 1797-1848)

*

Was soll das bedeuten ?

Was soll das bedeuten? Es taget ja schon;
Ich weiß wohl, es geht erst um Mitternacht rum.
Schaut nur daher!
Wie glänzen die Sternlein je länger, je mehr.
Treibt zusammen, treibt zusammen die Schäflein fürbaß!
Treibt zusammen, treibt zusammen! dort zeig ich euch was:

Dort in dem Stall
wert Wunderding sehen, treibt zusammen einmal!

Ich hab nur ein wenig von weitem geguckt,
da hat mir mein Herz schon vor Freuden gehupft:
Ein schönes Kind
liegt dort in der Krippe bei Esel und Rind.
Ein herziger Vater, der steht auch dabei,
ein wunderschön Jungfrau kniet auch auf dem Heu.
Um und um singst,
um und um klingts,
man sieht ja kein Lichtlein, so um und um brinnts.

Das Kindlein, das zittert vor Kälte und Frost,
ich dacht mir: Wer hat es denn also verstoßt,
daß man auch heut
ihm sonst keine andere Herberg anbeut?
So geht und nehmet ein Lämmlein vom Gras
und bringet dem schönen Christkindlein etwas!
Geht nur fein sacht,
auf dass ihr dem Kindlein kein Unruh nicht macht!

(aus Schlesien)

*

Weihnacht in Ajaccio:

Reife Goldorangen fallen sah'n wir heute,
Myrte blühte,
Eidechs glitt entlang der Mauer, die von Sonne
glühte.
Uns zu Häupten neben einem morschen Laube
flog ein Falter -
keine herbe Grenze scheidet Jugend hier und Alter.
Eh' das welke Blatt verweht ist, wird die Knospe
neu geboren -eine liebliche Verwirrung, schwebt
der Zug der Horen.
Sprich, was träumen deine Blicke? Fehlt ein Winter
dir, ein bleicher?
Teures Weib, du bist um einen lichten Frühling
reicher!
Liebst du doch die langen Sonnen und die Kraft
und Glut der Farben!
Und sehnst dich nach der Heimat, wo sie längst
erstarben?
Horch! - Durch paradieseswarme Lüfte tönen
Weihnachtsglocken!
Spriech, was träumen deine Blicke?
Von den weißen Flocken?

(Conrad Ferdinand Meyer, 1825-1898)

*

Weihnachtssonne:

Dich zu ehren singe ich

singe für den Kiesel

den keiner sieht

und

für den Baumstumpf

der noch immer fühlt

und für alle

die einsam sind

(WhiteRaven, mittags in der Natur, 24.12.08)



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"Die Erlösung kann nicht verdient, nur empfangen werden, - darum ist sie die Erlösung". -
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#21

RE: Magische Gedichte:

in Literaturempfehlungen: 10.06.2010 14:00
von Adamon • Nexar | 15.449 Beiträge

Vom Himmel kam geflogen eine Taube,
sie brachte ein Kleeblatt mit dreifachem Laube.
Sie ließ es fallen; glücklich, wer es findet.
Drei Blättchen sind es:
Hoffnung - Liebe - Glaube!

(Friedrich Rückert)

*

Wir können nie, was um uns lebt und webt,
erstaunt und tief genug betrachten;
denn unser Sinn, zur Flachheit neigend,
strebt zu sehr danach, die Dinge zu missachten.

Indes der Mensch nach Unerhörtem hascht,
erstirbt der feine Sinn ihm für das Kleine,
und was ihn nicht als Wunder überrascht,
das dünkt ihm das Natürliche, Gemeine.

Und doch ist Wunder diese ganze Welt
und nichts in ihr ist einfach und gewöhnlich.
Denn deine Welt und meine - steht und fällt
mit dir, mit mir: Sie ist durchaus persönlich.

(Christian Morgenstern)

*

Winterwehen weinrot:

Reif rauh wie rosenrot,
Kälteklirren knospenweiß,
der Winterwind weht rostrot,
auf Eiswasser glaskalt und
sonnenbraunes Herbstlaub.

Granitgrau wie Wolkenwind,
Eisenspitzen Eissplitter,
der Schneeschlag schneit federweiß
auf Wolkendächer rabenschwarz und
stählerndsteifes Sommerstroh.

Dämmerdunst blumenblau,
Nachtschatten Sternenstaub,
das Mondgold blüht blütenweiß
auf Lichthaine feenschwarz und
gräsergrünes Frühlingslicht.

(Seth Girwyndion)

*

Das Glück ist eine leichte Dirne,
und weilt nicht gern am selben Ort;
sie streicht das Haar dir von der Stirne
und küsst dich rasch und flattert fort.

Frau Unglück hat im Gegenteile
dich liebefest ans Herz gedrückt;
sie sagt, sie habe keine Eile,
setzt sich zu dir ans Bett und strickt.

(Heinrich Heine)

*

Zwei mal zwei gleich vier ist Wahrheit.
Schade, dass sie leicht und leer ist,
denn ich wollte lieber Klarheit
über das, was voll und schwer ist.
Achte gut auf diesen Tag,
denn er ist das Leben -
das Leben allen Lebens.
In seinem kurzen Ablauf
liegt alle Wirklichkeit
und Wahrheit des Daseins,
die Wonne des Wachsens,
die Herrlichkeit der Kraft.

Denn das Gestern
ist nichts als ein Traum
und das Morgen nur eine Vision.
Das Heute jedoch - recht gelebt -
macht jedes Gestern
zu einem Traum voller Glück
und das Morgen
zu einer Vision voller Hoffnungen.

Darum achte gut auf diesen Tag.

(Aus dem Sanskrit)

*

Unbemerkt durchs Leben schleichen,
wandeln still im Musenhain,
gehen im Mittagssonnenschein
unter Palmen oder Eichen,
keinen Herzensforscher scheun
und mit sich zufrieden sein,
hilft den höchsten Zweck erreichen!

(Johann Wilhelm Ludwig Gleim)

*

Wir messsen unsre müden Schritte
nach Raum und Zeit
und sind und wissens nicht in Mitten der Ewigkeit.
Noch sind wir umfangen vom Dunkel der Nacht,
vom irrenden Glauben an der Materie Macht.
Wer weiß!
Vielleicht schon morgen verläßt du dieses Spiel,
in dem du hattest vergessen deinen Weg
und auch das Ziel.

(Isi)

*

Fremde Menschen:

Alles meine Brüder!

Wir sind empört
über Rassenhaß in fremden Ländern.
Und wollen mit den Türken bei uns nichts zu tun haben.

Bei einem fremdartigen Gesicht sehen wir weg,
und um den andersartigen Menschen
machen wir einen großen Bogen.

Fremde, die zu uns kommen,
um zu arbeiten, um zu studieren,
müssen sich zu Hause fühlen können.
Sie haben ein Recht
auf Gastfreundschaft und Hilfe.
Ihre Probleme mit der Sprache,
mit der Ausbildung, mit der Freizeit
sind größer, als man denkt.
Wir müssen den Fremden Antwort geben -
vor allem mit unserem Herzen!

Viele denken so:
Wer nicht zu meiner Familie gehört,
zu meinem Freundeskreis,
zu meinem Verein, zu meiner Partei,
der ist mir egal,
das ist ja nur ein Fremder.
So wohnen Menschen
Jahr für Jahr Tür an Tür
und sind doch zueinander
nichts als Fremde.

(Phil Bosmans)

*

Gastfreundschaft!
Der Luxus der Armen
und der einfachen Menschen!
Zu jedem, der dir
auf deinem Weg begegnet,
gastfreundlich sein heißt:
Herz und Haus und Habe öffnen,
aber so öffnen, dass der andere
es wie selbstverständlich
in Anspruch nehmen kann;
so öffnen, dass er sich nicht
herabgesetzt fühlt.
Nichts darf mit Zwang geschehen,
alles muss wie von selbst kommen.

Gastfreundschaft
ist nichts Angelerntes.
Aus Büchern holt man sie nicht.
Gastfreundschaft
ist eine innere Einstellung,
offen zu sein und sich mitzuteilen.
Gastfreundschaft
gehört zum Geheimnis
des wahren Menschseins.

(Phil Bosmans)



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#22

RE: Magische Gedichte:

in Literaturempfehlungen: 10.06.2010 14:08
von Adamon • Nexar | 15.449 Beiträge

Welche Farbe hat der Winter ?

Der Winter ist grau!
Nieselregen überzieht das wolkenverhangene Land,
verwandelt grüne Wiesen und blaues Wasser in einheitliches Grau.

Der Winter ist schwarz!
Die kahlen Bäume stehen in fahlem Licht,
schwarz glänzen die Schollen der gepflügten Felder,
lang sind die dunklen Nächte.

Der Winter ist weiß!
Dichtes Schneetreiben lässt die Welt versinken.
Am Morgen dann, wenn die Sonne aufgeht leuchtet alles in strahlendem Weiß.

Der Winter ist grau, schwarz und weiß!
Durch diese Stille
finden unsere Sinne zur Ruhe,
bevor die Überfülle der Frühlings
die Lebendigkeit zurückbringt.

(Barbara Langston)

*

Wintersonnenwende:

Geschäftig unser Streben
Raum zu schaffen
ein Fest zu bereiten
dem Licht

es zu färben
damit es Symbol wird
für Hoffnung und Liebe
ein Zeichen

Aber das Licht braucht nicht Stunde
noch Tag noch Fenster
in unseren Mauern

lebendig zu machen
hell
zu durchdringen
den Stein

(Johanna Anderka)

*

Glück ist es,
die Sonne zutiefst
in mich einzusaugen,
dankbar zu genießen,
in dem Wissen,
dass sie untergehen wird.

Glück ist es,
mich der Sonne zu erinnern,
wenn ich im Dunkeln sitze
und weiß,
dass auch die Dunkelheit
ein Ende hat.

Glück ist es,
vom Wandel zu wissen.

(Renate Felicitas Hartjenstein)

*

Ein Sprudeln:

Sprudelndes Lebenswasser,
durchströmt die pochenden Adern,
erreicht das Herz und sprengt es.
Überflutet die feurigen Wege
der Liebe,
deren Rauch,
als wäre die Liebe erloschen,
steigt empor zu den Sternen,
dort verbindet es sich mit
den Lüften der Meere zu
den Wolken,
die hin- und hergeworfen ihre
Tränen vergießen.
Sprudelndes Lebenswasser.

In Form von Tropfen
fliegt es dem Boden zu,
bedeckt, dringt in ihn ein,
benetzt den Samen der im Frühjahr
aus dem Boden sprießt und
zu einem mächtigen Baum wächst,
an dem die Früchte des Lebens hängen,
in deren Adern fließt das Lebenswasser,
die Liebe
mit seinen verflossenen Tränen
sind in ihm und um ihn
wenn es regnet
die Liebestropfen des Lebens,
kommen von den Stürmen des Lebens
mit ihren Wolken.


(Hellmut Schmidt)

*

Sternstunde:

Du wundervolle Blume
in der Wüste
meiner Einsamkeit.
So verloren ich bin
verzaubern mich, Glückseligkeit,
die Blicke deiner feinen Augen.

Sonnenstrahlen im Morgenland,
so heiß brennt mir dein Lachen.
Ein Leuchten ich tief in dir fand,
es Sternennächte wachen -
preisen deine Seele still.

Das Haar so seiden fallend,
als Schleier deinen zarten Hals umgibt,
um deiner Schönheit willen
man ewig Zeiten gern vergibt.

So wie der Wind
im Kirschblütenzweige
mir erzählt von deiner dar,
verliert sich der Tag zur Neige -
träumend ich schon bei dir war.

(Themo)

*

Am Rande der Dämmerung:

Nachts wenn das Gezweig ans Fenster schlägt
träume ich mich über die blühenden Wiesen
der Phantasie
durch die Tiefe der Stille
in die Zufluchtsstätte
deiner Wildnis
auf die Insel im Strom der Zeit
atmender Stein im Eulenruf der Nächte
unermüdliche Mücken und der Faltenwurf
des Lichts
zwschen den Bäumen
Tollkirschen in grüner Wirrnis
Nachtblumenaugen
Gift und Heilkraft in der Süße der Frucht
wehendes Laub
und die Schleifen der Wildgänse
ums Haupt der Wälder
Füße in Moos getaucht
lege ich Schatten aus
behütet vom Tau
bewahre ich die Mündungen
deiner Wege
in meinem Herzen

(Peter Würl)

*

Geh' auf dem Wildschweinpfad,

denn hier sind die Bäume lebendig,
moosüberwachsene, unheimliche Wächter,
oder blank und übersät mit frischen Wunden.

Geh' auf dem Wildschweinpfad,
am Zaun entlang und lass die Rehspur
hinter dir, zu Füßen das Büschel Vogelfedern.

Geh' auf dem Wildscheinpfad,
im Weitergehen folgst du Markierungen
von Hasenkot, dem Licht, das über Rinde tanzt.

Geh' auf dem Wildscheinpfad,
hier ist nichts fertig, alles miteinander
bildet ein großes, aber vollkommenes Stückwerk
von Lebendigsein und Tod.

Gehen auf dem Wildschweinpfad,
und alles vermischt sich auf eine Weise,
die dich hinauswerfen will, Eindringling Mensch.
Du kommst nur der Arbeit in die Quere, die hier seit
Jahrhunderten verrichtet wird.
Moosteppiche müssen gewebt werden,
Holznarben müssen verwachsen werden.

Die Rehe fliehen vor dir, der Abend bricht an,
und Vögel singen die große Stille ein.
Verlass' jetzt den Wildschweinpfad.

(Arnhild Lensch)

*

Verborgene Lebensfreude:

In der Stille des Waldes
leuchtet meine Seele.
Der nächtliche Silbermond
küßt mich tief im Inneren.
Das Plätschern der klaren Quelle,
das mysterienhafte Rufen der Waldkäuze,
das sanfte Rauschen der Zitterpappeln
sind Balsam für meine Ohren.
In ihrer fast stummen Art
offenbaren mir meine alten Baumfreunde
unzählige Geheimnisse.
All die Blumen in ihren verschiedenartigen
Formen, Farben, Düften und Geschmäckern
erfreuen mein Herz.
Ruhig ist mein ganzes Wissen,
dem göttlichen Wunder stets nahe.

(Erwin Bauereiß)

*

Wie die Nacht, so der Gehörlose:

Still ist die Nacht,
so leuchten die Sterne
und glitzern,

ist die Nacht lebhaft,
so schweifen die Sterne
und flitzen,

ist der Mond dumpf,
so ist er hinter den Wolken
und schwebt.

Still sind wir,
so nehmen wir das Gesprochene auf
und fassen es visuell auf,

sind wir lebhaft,
so gebärden wir
und die Hände hin- und herschwenken,

sind wir dumpf,
so verstehen wir die Lautsprache
der Hörenden nicht
und schweben im Traum.

Dorothea Ofiarkiewicz (gehörlos)

*

Berauscht vom Leben
einer Blumenwiese,von Licht und Freude
in Wurzeln, in Zweigen,
wir ernähren uns von Träumen
der Ameisen und der Flechten..
Wir atmen und wachsen
in alten Ölbäumen.

Dort findet man wieder
das Lachen und das Weinen,
das Schweigen
kristallklarer Worte.

Aus: "Ein Mandelbaum im Weltall"


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#23

RE: Magische Gedichte:

in Literaturempfehlungen: 10.06.2010 14:15
von Adamon • Nexar | 15.449 Beiträge

Die traurige Nacht:

Wenn mein Herz einsam schlägt,
wenn es nicht ruht und auch nicht wacht.
Und der Tag dann langsam schwindet,
kommt die lange traurige Nacht.

Wenn am Horizont die Sonne untergeht
und die kühlen Winde wehen,
dann seh ich in der Ferne
deine liebliche Gestalt, vor mir stehen.

Dann gehen vor mir zwei glühende Augen auf,
golden wie zwei himmlische Sterne,
meine ganze Seele ruht dann drauf,
und ich wandel mit dir, durch die Ferne.

Doch wenn der Tag dann langsam dämmert,
und vergeht die kühle Nacht,
will nimmer ich dann glauben,
das alles habe ich nur im Traum mit dir gemacht.

(Laurent Kröger)

*

Zärtlichkeiten:

Lasst zärtlicher uns lieben Teich und Hecken,
Beseelen sollen Winkel unsere Hand.
Die Winkel, wo sich Blechbüchsen verstecken,
weil eine Hand den Mut zum Tun nicht fand.

Das Recht zur Schöpfung müssen wir uns nehmen,
zur Neuerschaffung lebhafter Natur.
Wir dürfen uns vor Zärtlichkeit nicht schämen,
seht, mancher streichelt heimlich Feld und Flur.

Wir wollen öffentlich Geliebtes küssen.
Und wenm es nicht gefällt, wird wegschaun müssen.
Was? Wir sind kitschig? Dieser Kitsch ist gut.

Was züchten wir da schwarze Schmetterlinge
und warten auf der Plastik Zauberdinge?
Ja, Zärtlichkeit zum Halm verlangt viel Mut.

(Kurt May)

*

Ein Sandkorn ist der Erdball, rufst du aus
und blickst ergriffen auf den Sternensaus.

Dann wendest du dich um und lauscht beim Tee
den Professoren A und B und C.

Und siehe da, auf deinem Körnchen Sand
erhebt sich Wissenschaft, ein Elefant.

Das Korn bleibt Korn. Du aber fromm und munter,
du bringst den Elefanten auf ihm unter!

Und liegst davor sogar noch auf den Knien.
Das Sandkorn trägt geduldig dich und ihn.

Denn trotz Gelehrsamkeit und Hochgefühl:
Ihr seid nicht größer als - ein Molekül.

(Christian Morgenstern)

*

Die Weide:

Ich gehöre zum Geschlecht der Weiden.
Du kannst mich kappen, meine Äste schneiden,
im nächsten Frühjahr steh ich wieder hier.
Du kannst mich brechen, wirf mich in die Flut,
ich lass mich gern mal treiben - das tut gut -
und schlage neue Wurzeln, bin ein Pionier!

Ich spür den Lenz. Bevor's die Vögel ahnen
steigt schon der Saft in meinen Leitungsbahnen,
die Blüten liegen unterm Silberpelz bereit.
Beim ersten Sonnenstrahl bleib ich nicht länger stumm.
Die Bienen hüll'n mich ein in ihr Gesumm,
dass es der wintermüden Menschen Herz erfreut!

(Jutta Over)

*

Das ist die Drossel, die da schlägt,
der Frühling, der mein Herz bewegt;
ich fühle, die sich hold bezeigen,
die Geister aus der Erde steigen.
Das Leben fließet wie ein Traum -
mir ist wie Blume, Blatt und Baum.

(Theodor Storm)

*

Wenn auch düstre Wolken jagen
und den Himmel hüllen ein,
auch in stürmisch trüben Tagen
kann ich dennoch heiter sein.

In des Herzens Heiligtume
blüht, gepflegt von meiner Hand,
mir des Lebens schönste Blume,
die ich hier auf Erden fand.

Und die Blume, die ich meine,
ist das Blümlein Heiterkeit,
das mit Frühlingssonnenscheine
mir vertreibt das trübste Leid.

Könnt ich manchem doch hienieden
so ein kleines Zweiglein weihn,
ach wie heiter und zufrieden
säh er in die Welt hinein!


(August Heinrich Hoffmann von Fallersleben)

*

Frühlingsfantasie:

Es zwitschern in den Lüften,
von fern der Kuckuck ruft,
und über allen Klüften
weht lau des Himmels Duft.
Vom Berg springt froh ins Weite
entflohn des Winters Macht
ein Bächlein voller Freude -
es tollt und schäumt und lacht.

Es tanzen alle Bäume,
durch's Holz huscht scheu das Wild.
Nun sind die bangen Träume
des Rehes auch erfüllt.
Wie große Schlummerkissen
sind Wiesen aufgelegt,
und tausendfaches Sprießen
der Erde Schoß bewegt.
Es blüht der weiße Flieder,
der Schneeball schmückt das Tal.
Vergangenes kehrt wieder.
Erwachen überall!

Nur was in uns vergangen,
der Jugend Liebe, Glück,
das Lied, das wir einst sangen
kehrt nimmermehr zurück.
So wie um alte Mauern
das grüne Efeu zieht,
so keimt - und wir erschauern -
das Leben fort und blüht.
Wir altern und verfallen,
wohl mancher viel zu früh.

Das Sein in deinen Hallen,
Natur, doch altert nie.

(Kurt Wittig)

*

Grün ist der Jasminenstrauch
abends eingeschlafen.
Als ihn mit des Morgens Hauch
Sonnenlichter trafen,
ist er schneeweiß aufgewacht:
"Wie geschah mir in der Nacht?"
"Seht, so geht es Bäumen,
die im Frühling träumen."

(Friedrich Rückert)

*

Ich warte:

auf das Säuseln des Frühlingswindes
auf das Gold der Pupurweide
auf das Grün der Birken
auf das Gelb des Adonisröschens
auf das Rot der Zierquitten
auf die Laich der Erdkröte
auf das Läuten der Küchenschellen
auf das Plätschern des Baches
auf das Kreisen des Mäusebussards
auf den ersten C-Falter
auf den ersten Kukucksruf
auf das Quaken der Frösche
auf das Knacken der Kiefern
auf das Summen der Steinhummel
auf meinen Freund den Girlitz
auf die Fallschirme des Löwenzahns im Maiwind
auf das Flimmern in der Luft
auf ein erfrischesndes Bad
auf einen warmen Regen
auf den Duft der Erde
auf das Aufspringen des Springkrauts
auf das Zwitschern der Schwalben
auf das Kreischen der Mauernsegler
auf den Geschmack der ersten Erdbeere
auf das Brennen der Sonne
auf den Gruß des Südens durch den Distelfalter
auf eine bunte Blumenwiese
auf eine ruhige Waldlichtung
und ganz besonders
auf den Menschen
durch den diese Welt
lebendig
bunt
und sinn-voll ist
ich warte auf Dich!
und ich würde Ewigkeiten
auf Dich warten!

(von Manfred Paulus)



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#24

RE: Magische Gedichte:

in Literaturempfehlungen: 10.06.2010 14:21
von Adamon • Nexar | 15.449 Beiträge

Noch einmal:

auf dem Hügel sitzen
und die Leuchtspur
einer Sternschnuppe
sehen.
Zeuge sein,
wenn sich
Raum und Zeit
bewegen.

Noch einmal

in Wäldern
bei Blättern bleiben
und Hände in Quellen
erklärt finden.

Noch einmal

nächtens lange
Gespräche führen
über Gott und sein Gesicht.
Und immer von neuem
erkennen:
Er hat kein Gesicht
und wenn er lächelt,
lächelt er in uns.

(Walter Lobenstein)

*

Kranichflügel:

Ich wünschte,
ich hätte Kranichflügel,
und wüsste um meinen Weg
seit Jahrtausenden
auf Luftrouten
von Ost nach West
und zurück.

Ich wünschte,
Ich zöge in Keilformation
mit rauhem Ruf
vor den Stürmen her,
und trüge
den Frühling
in meinem Gefieder.

von Masurens
Seen und Sümpfen
würde ich künden
den Korkeichenwäldern
Andalusiens -
auf starken Schwingen
ein Pendler der Lüfte.

(Elke Schumacher)

*

Baumlied:

Ich fühle dich, Baum.
Meine Finger sind Borken,
du gibst mir Raum,
als Spiegel für das Ich.
Die Schöfung sammelt sich
unter Raunen.
Lieder von Faunen und Feen
klingen mir im Ohr.
Staunend
verweile ich davor
und lausche,
wie deine Wurzeln sich um meine Seele drehn,
satt,
wie ein jubelnder Chor.

(Garbiele Feyerer)

*

Feenblut

Sonne ich liebe dich
Ich scheine mit dir
Regen ich liebe dich
Ich riesele mit dir
Wolken ich liebe euch
Ich reise mit euch
Nebelschwaden ich liebe euch
Ich steige zum Licht mit euch
Laub ich raschele mit dir
Wald ich raune mit dir
Schnee ich glitzere mit dir
Sterne ich erstrahle mit euch
Liebe ich begehre mit dir
Kraft ich zaubere mit dir
Harfe ich erzähle mit dir
Rhythmusgeboren tanzend voller
wilder Verrücktheit
Feenblut

(CDB)

*

Freude heißt die starke Feder
in der ewigen Natur.
Freude, Freude treibt die Räder
in der großen Weltenuhr.
Blumen lockt sie aus den Keimen,
Sonnen aus dem Firmament,
Sphären rollt sie in den Räumen,
die des Sehers Rohr nicht kennt.
Froh, wie seine Sonnen fliegen
durch des Himmels prächt'gen Plan,
wandelt, Brüder, eure Bahn,
freudig wie ein Held zum Siegen.

(Friedrich von Schiller)

*

Eulenbaum:

Im "Eulenbaum",
dem berühmten,
sitzt er, der Kauz,
in seiner Höhle
beim Sonnenbad.

Verzogen haben sich
die dicken Nebelschleier.
In milder Herbstsonne
ruht der Waldkauz
wie im Bühnenlicht.

Groß die Augen,
schwarz und glanzvoll,
bedächtig, wie ein Philosoph,
öffnet und schließt er sie.
Jemand fragt:

Ist er nachdenklich -
oder doch nur schläfrig?
Wird er rufen
heute Nacht?
Als Stimme im Herbst!

(Miki Sakamoto)


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#25

RE: Magische Gedichte:

in Literaturempfehlungen: 14.06.2010 15:45
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Der Zauberlehrling:

Hat der alte Hexenmeister
sich doch einmal wegbegeben!
Und nun sollen seine Geister
auch nach meinem Willen leben.
Seine Wort und Werke
merkt ich und den Brauch,
und mit Geistesstärke
tu ich Wunder auch.
Walle! walle
Manche Strecke,
daß, zum Zwecke,
Wasser fließe
und mit reichem, vollem Schwalle
zu dem Bade sich ergieße.
Und nun komm, du alter Besen!
Nimm die schlechten Lumpenhüllen;
bist schon lange Knecht gewesen:
nun erfülle meinen Willen!
Auf zwei Beinen stehe,
oben sei ein Kopf,
eile nun und gehe
mit dem Wassertopf!

Walle! walle
manche Strecke,
daß, zum Zwecke,
Wasser fließe
und mit reichem, vollem Schwalle
zu dem Bade sich ergieße.
Seht, er läuft zum Ufer nieder,
Wahrlich! ist schon an dem Flusse,
und mit Blitzesschnelle wieder
ist er hier mit raschem Gusse.
Schon zum zweiten Male!
Wie das Becken schwillt!
Wie sich jede Schale
voll mit Wasser füllt!

Stehe! stehe!
denn wir haben
deiner Gaben
vollgemessen! -
Ach, ich merk es! Wehe! wehe!
Hab ich doch das Wort vergessen!
Ach, das Wort, worauf am Ende
er das wird, was er gewesen.
Ach, er läuft und bringt behende!
Wärst du doch der alte Besen!
Immer neue Güsse
bringt er schnell herein,
Ach! und hundert Flüsse
stürzen auf mich ein.

Nein, nicht länger
kann ichs lassen;
will ihn fassen.
Das ist Tücke!
Ach! nun wird mir immer bänger!
Welche Mine! welche Blicke!
O du Ausgeburt der Hölle!
Soll das ganze Haus ersaufen?
Seh ich über jede Schwelle
doch schon Wasserströme laufen.
Ein verruchter Besen,
der nicht hören will!
Stock, der du gewesen,
steh doch wieder still!

Willst am Ende
gar nicht lassen?
Will dich fassen,
will dich halten
und das alte Holz behende
mit dem scharfen Beile spalten.
Seht da kommt er schleppend wieder!
Wie ich mich nur auf dich werfe,
gleich, o Kobold, liegst du nieder;
krachend trifft die glatte Schärfe.
Wahrlich, brav getroffen!
Seht, er ist entzwei!
Und nun kann ich hoffen,
und ich atme frei!

Wehe! wehe!
Beide Teile
stehn in Eile
schon als Knechte
völlig fertig in die Höhe!
Helft mir, ach! ihr hohen Mächte!
Und sie laufen! Naß und nässer
wirds im Saal und auf den Stufen.
Welch entsetzliches Gewässer!
Herr und Meister! hör mich rufen! -
Ach, da kommt der Meister!
Herr, die Not ist groß!
Die ich rief, die Geister
werd ich nun nicht los.

"In die Ecke,
Besen, Besen!
Seids gewesen.
Denn als Geister
ruft euch nur zu diesem Zwecke,
erst hervor der alte Meister."

(Johann Wolfgang von Goethe)


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"Die Erlösung kann nicht verdient, nur empfangen werden, - darum ist sie die Erlösung". -
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#26

RE: Magische Gedichte:

in Literaturempfehlungen: 16.08.2010 01:02
von Adamon • Nexar | 15.449 Beiträge

Wunderbare Nähe .. Gedankenspielerei .. Zauberhafte Gefühle.. Sinne sind frei.
Zauberküsse schmecken lecker Zauberküsse tun so gut ..
Zauberküsse immer wieder.. und es geht mir einfach gut.
Einheit der Gefühle .. Seelen sind verwandt.
Lustvolle Erfahrung gefühlt mit zarter Hand.

Zauberküsse schmecken lecker Zauberküsse tun so gut ..
Zauberküsse immer wieder.. und es geht mir einfach gut.
Spüren deiner Nähe .. Fühlen deiner Haut..
Erlegen deinem Zauber.. Schauer auf meiner Haut.

Zauberküsse schmecken lecker Zauberküsse tun so gut ..
Zauberküsse immer wieder.. und es geht mir einfach gut.
Geniessen bis zum letzten.. ZauberküsseKraft
Es sind die weltbesten Zauberküsse in der Nacht.

Zauberküsse schmecken lecker Zauberküsse tun so gut ..
Zauberküsse immer wieder.. und es geht mir einfach gut.

Schneeflocke


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#27

RE: Magische Gedichte:

in Literaturempfehlungen: 18.10.2010 18:25
von Istara • Nexus-Besucher | 4 Beiträge

Suchen und Finden:

"Auf meinem Lager des Nachts, suchte ich den Liebsten meiner Seele.
Ich suchte ihn, doch ich fand ihn nicht.

So will ich den aufstehen und durchstreifen die Stadt,
die Gassen und Plätze; ich will suchen den Liebsten meiner Seele.
Ich suchte ihn doch ich fand ihn nicht.

Es trafen mich die Wächter bei ihrer Runde durch die Stadt:
"Habt ihr ihn gesehen, den Liebsten meiner Seele"?

Kaum war ich an ihnen vorüber, da fand ich den Liebsten meiner Seele.
Ich hielt ihn fest und ließ nicht von ihm, bis ich ihn brachte ins Haus meiner Mutter,
in die Kammer derer die mich gebar.

Ich beschwör euch, ihr Töchter Jerusalems, bei den Rehen und Hirschen der Flur;
Weckt nicht auf und stört nicht die Liebe, bis daß es ihr selber gefällt.

(Aus dem Hohelied)

Lichtgrüsse, - Istara


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#28

RE: Magische Gedichte:

in Literaturempfehlungen: 25.08.2023 17:38
von Adamon • Nexar | 15.449 Beiträge

Allein:

Als Kind schon war ich nicht wie andre sind,
Konnte die Welt nicht schaun als Kind,
Wie andre schauen. - Meine Leidenschaft
Schöpfte aus andrer Quelle ihre Kraft.

Aus gleicher Ursach war ich nie gesonnen
Zur Trauer, und mein Herz hat nie gewonnen
Zur gleichen Melodie ein Glücklichsein.
Und - was ich liebte, liebte ich allein.

Damals als Kind ward mir - zu früher Stunde
Stürmischen Lebens - aus den Tiefen Kunde,
Wo Gutes sich und Böses je gesellt,
Geheimnis, das mich noch in Banden hält:

Aus dem Sturzbach, aus dem Felsenschlund,
Aus dem roten Kliff überm Bergesgrund,
Aus der Sonne, die mich rings umkreist,
Und in goldnen Herbstesfarben gleisst,
Aus des Blitzes grellem Strahl,
Der vorbeizückt - scharf wie Stahl,
Aus des Donnerschlags Gewalt
Trat eine Wolke, grau von Gestalt
(Der Himmel ruhte in blauem Licht)
Ein Dämon vor mein Angesicht.

Edgar Allan Poe


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