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Nach Ulrich Molitor:

in Hexen - weise Frauen - Bewahrerinnen. - 26.09.2010 22:15
von Adamon • Nexar | 15.450 Beiträge

1. Ulrich Molitor’s De laniis et phitonicis mulieribus oder Von Hexen und Unholden

2. Nicolas Remy's Daemonolatria



1. Ulrich Molitor’s De laniis et phitonicis mulieribus oder Von Hexen und Unholden



De laniis (richtiger: De lamiis) et phitonicis mulieribus ist nach Johannes Niders Formicarius und Kramers Hexenhammer eine der ersten gedruckten Schriften, die sich mit dem Hexenwesen beschäftigt und wurde im Jahre 1489 von dem Konstanzer Juristen Ulrich Molitor (* 1442 † 1507 oder 1508) verfasst.

Nach Bekanntgabe der sogenannten „Hexenbulle“ Summis desiderantes affectibus im Jahre 1484, welche auf Betreiben des Inquisitors Heinrich Kramer (lat. Institoris) von Papst Innozenz VIII. aufgesetzt wurde, erschien erstmalig 1486/87 ein gedrucktes Buch, das sich ausschließlich der Frage des Hexenwesens und den Verfahren gegen Hexen befasste, der Malleus maleficarum. Als Autoren gelten gemeinhin Heinrich Kramer und dessen Vorgesetzter Jakob Sprenger, wobei man in neuerer Zeit die alleinige Autorschaft Kramers annimmt.

Das Erscheinen der Schrift Ulrich Molitors De laniis et phitonicis mulieribus im Jahre 1489 lässt sich als eine direkte Antwort des Juristen Molitors auf den Malleus maleficarum deuten, da seine Schrift diesem in einigen wichtigen Punkten widerspricht.

Denn als in den Jahren von 1481 bis 1485 Heinrich Kramer in der Diözese Konstanz eine Hexeninquisition durchführte, traf er am dortigen Diözesangericht mit großer Wahrscheinlichkeit mit dem dort beschäftigten Juristen Ulrich Molitor zusammen. Durch die umstrittenen Methoden Kramers während der Hexereiprozesse und durch das Erscheinen des Malleus maleficarum sah sich Molitor persönlich genötigt sein Buch zu verfassen, in welchem er eine durchaus gegnerische Position gegenüber Kramer und dessen Werk bezieht.

Im Gegensatz zu Heinrich Kramer verbannt Molitor in seiner Schrift den Hexensabbat in die Einbildung der Hexen, er leugnet die Existenz der Magie insoweit, dass er sagt, dass die Hexen aus sich selbst heraus nichts vermögen, und dass alles, was diesen zugeschrieben wird, natürlich erklärbar ist oder vom Teufel vollbracht wird. Ferner lehnt er unter der Folter erpresste Geständnisse als nicht der Wahrheitsfindung dienlich ab, da der Angeklagte durch die übergroßen Schmerzen während der Tortur allerlei Sachen gestehen kann, welche er in Wahrheit gar nicht verübt hat. Nichtsdestotrotz plädiert Molitor im Beschluss seines Buches für die Todesstrafe gegenüber Hexen, da diese, auch wenn sie durch ihre „eingebildete“ Zauberei keinen wirklichen Schaden anrichten können, so doch vom christlichen Glauben abfallen und dass sie durch den Dienst, den sie dem Teufel erweisen, Götzendienst begehen und ferner wegen ihres schlechten Beispiels auf ihre Mitmenschen dem Tode zu verantworten seien.

Molitors „De laniis“ erfreute sich während der gut anderthalb Jahrhunderte ihres Erscheinens größter Beliebtheit. Durch ihre in Dialogform zwischen ihm, Ulrich Molitor, seinem Souverän, Herzog Siegmund von Tirol, dem das Buch gewidmet ist, und dem Freunde Molitors, dem Konstanzer Bürgermeister Konrad Schatz, aufgesetzte Schrift, und durch Molitors schreiberisches Talent, die maßgeblichsten Punkte, die das Hexenwesen betreffen, kurz und prägnant wiederzugeben, war die De laniis..., neben dem Malleus maleficarum in der Zeit zwischen ihrer beider Erscheinen bis zum Ende des 16. Jahrhunderts die in Hexereifragen am meisten konsultierte Schrift, so dass sie gleichberechtigt mit dem Buch Kramers behandelt, in etlichen Auflagen immer wieder nachgedruckt wurde. Zudem verfertigte Ulrich Molitor noch im Jahre des Erscheinens der lateinischen Erstausgabe 1489, eine deutsche Übersetzung unter dem Titel Von den Unholden oder Hexen, was ihre Beliebtheit zusätzlich hob, da sich nun auch außerhalb der Universitäten die Masse des Volkes, die des Lateinischen nicht mächtig war, über das Hexenwesen belehren konnte.

Molitor verfasste noch weitere juristische Schriften zu verschiedenen Themen, die jedoch nicht den Bekanntheitsgrad seines Hexentraktates erlangten.

Die in Form eines Gespräches gehaltene Schrift Molitors enthält folgende 9 Punkte, die in 12 Dialogen abgehandelt werden:

1. Ob Hexen Hagel und Unwetter erzeugen können?
2. Ob Hexen die Macht haben, Kindern und Erwachsenen Schaden zuzufügen und Krankheiten zuzuschicken?
3. Ob die Hexen in der Lage seien Männer und Frauen zum Beischlaf unfähig zu machen?
4. Ob die Hexen in der Lage seien sich oder anderen Menschen eine andere Gestalt zu geben?
5. Ob die Hexen durch die Luft zum Sabbat reisen können?
6. Ob der Teufel mit den Hexen den Beischlaf vollziehen kann?
7. Ob aus einem solchen Beischlaf Kinder gezeugt werden können?
8. Ob die Hexen wahrsagen können?
9. Ob man Hexen von Rechts wegen zum Tode verteilen dürfe?



Während der vielen Jahre ihres Erscheinens wurde die Schrift Ulrich Molitors oft mit im Detail verschiedenen Titel wiederholt aufgelegt:



Lateinische Ausgaben erschienen in den Jahren 1489, 1494 und 1495 unter dem Titel De laniis et phitonicis mulieribus

In den Jahren zwischen 1580 und 1600 finden sich Titel wie De lamiis et phitonicis mulieribus, Dialogus de lamiis…, Tractatus de lamiis…



Auf Deutsch erschien Molitors Hexenschrift in den Jahren 1489 – 1508 unter dem Titel Von den Unholden oder Hexen, 1544 unter Hexen Meysterey, und 1575 und später: Von Hexen und Unholden

Die Druckorte der verschiedenen Ausgaben sind unterschiedliche. Bekannt sind Straßburg, Reutlingen und Köln.



Im 17. Jahrhundert und vereinzelt bereits im 16. erschien De laniis... auch als Anhang zum Malleus maleficarum.



Die ersten lateinischen sowie die ersten deutschen Ausgaben von Molitors Buch enthalten sieben Holzschnitte, die Hexen (außer der Eingangsholzschnitt, der Herzog Sigismund, Molitor und Konrad Schatz im Gespräch zeigt) bei verschiedenen Verrichtungen darstellen, wie dem Fahren durch die Luft zum Sabbat, dem Festmahl beim Sabbat, dem Reiten auf einem Wolf, dem „Hexenschuss“, Unwetterbrauen sowie der Unzucht mit einem Buhlteufel.

Die Ausstattung einer Hexenschrift mit Holzschnitten ist überaus selten, so dass diesen sehr frühen Darstellungen eine besonders wertvolle Bedeutung zukommt. Zudem sind die Holzschnitte aus dem Werk Molitors auch heute noch beliebte Schmuckbilder in neuzeitlichen Büchern über die Hexenprozesse, so dass man kaum eines findet, in welchem nicht mindestens einer von ihnen wiedergegeben ist.







2. Nicolas Remy's Daemonolatria


Im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts fanden in den benachbarten Herrschaftsgebieten des Kurfürstentums Trier und des Herzogtums Lothringen die intensivsten Verfolgungen gegenüber Hexen und Zauberern in ihrer vielhundertjährigen Geschichte statt. Insgesamt, so schätzt man heute, fanden in den beiden Herrschaften im Zeitraum von 1575 – 1600 jeweils ungefähr 2000 – 3000 Hinrichtungen von wegen Zauberei und Hexerei verurteilten Personen statt. Daneben gab es noch eine weit höhere Zahl von Prozessen, die wegen dieser Anklagepunkte in die Wege geleitet wurden, in denen es aber zu keinen Verurteilungen kam.
Im Trierer Herrschaftsgebiet, einem geistlichen Fürstentum, oblag die Sorge um das "Hexereiproblem" dem dortigen Weihbischof Peter Binsfeld; er verfasste gegen Ende der Verfolgungswelle ein vielbeachtetes Buch über das Hexenwesen, dass in seinem Aufbau dem des Malleus maleficarum gleicht.
Im Herzogtum Lothringen besorgte die weltliche Obrigkeit, ganz besonders Herzog Charles III. die Verfolgung und Aufspürung zauberischer Personen. Dem Herzog war sehr daran gelegen, dass seine Gerichte "scharf" wider die vermeintlichen Hexen vorgingen.

Ein besonderer und für uns interessanter Umstand ist, dass Lothringen zwei Sprachgruppen vorzuweisen hatte, die französische und die deutsche, wovon die erstere wohl zwei Drittel der Bevölkerung ausgemacht haben dürfte. Das Gesetzbuch war sowohl in französischer als auch in deutscher Sprache verfasst. Auch in der Daemonolatria bekommt man den deutschsprachigen Bevölkerungsanteil zu spüren - viele der Angeklagten tragen deutsche Namen, und einige im Buch vorkommende (damals lothringische) Orte befinden sich im heutigen Saarland.
Lothringen war, im Gegensatz zu anderen Herrschaftsgebieten innerhalb des damaligen Deutschen Reiches, für diese Zeit erstaunlich gut organisiert, auch im Bereich des Gerichtswesens. In den Hauptstädten der drei Provinzen, in die das Herzogtum unterteilt war, gab es eine Zentralregierung mit einem obersten Gericht, welches den kleineren Gerichten der Dörfer übergeordnet war. In Nancy, der Hauptstadt Lothringens und dem Regierungssitz Herzog Charles, befand sich der sogenannte Change, das oberste Landesgericht. An den Change mussten alle im Lande Lothringen verhandelten Halsgerichtsprozesse, d. h. alle Prozesse, in denen es um Leben oder Tod des Angeklagten ging, überwiesen werden, und dort wurde nach Sichtung der Umstände auch das Urteil festgelegt. Auch musste es dem Change überlassen werden, zu entscheiden, ob die Tortur zur Wahrheitsfindung in einer gerichtlichen Angelegenheit angewendet werden durfte oder nicht. Dieses Gericht hatte also zu jener Zeit eine ungeheure Machtbefugnis, musste sich jedoch auch gleichzeitig streng an das geltende Landesrecht halten. In der Zeit von 1576 – 1591 bestand der Chamge aus lediglich drei Richtern und dem Gerichtsvorsitzenden. Einer dieser Richter war Nicolas Rémy.
Dieser stammte ursprünglich aus der südlich von Nancy gelegenen Kleinstadt Charmes, wo sein Vater bereits eine Stellung am dortigen Gericht inne hatte. Nicolas Rémy‘s Geburtsjahr ist unbekannt, aber man rechnet (sich auf seine eigenen Angaben, die er in der Damonolatria macht, stützend) mit dem Zeitraum zwischen 1525 und 1530. Als junger Mann trat er in die väterlichen Fußstapfen und begann sein Jurastudium in Frankreich, da es zu jener Zeit in Lothringen noch keine Universität gab. Nach seinem Studium erhielt er das Amt des obersten Richters der Provinz Vosges, wurde aber wegen seiner Gelehrtheit und seines guten Charakters von Herzog Charles bald nach Nancy als Richter am dortigen Change beordert. In dieser Zeit zwischen 1576 – 1591, in welcher Rémy dort sein Amt ausübte, kamen ihm hunderte von Prozessen wider der Zauberei angeklagte Personen zu Händen, über die er dann mit zu entscheiden hatte. Am Ende seiner Gerichtstätigkeit wurde er von Herzog Charles dazu aufgefordert, ein Buch über seine Erfahrungen in den Hexenprozessen zu schreiben, - die Daemonolatria entstand. Rémy beschreibt darin, was ihm bei den Prozessen besonders ins Auge gefallen ist: Er gibt den damals fest verankerten Hexenglauben wieder und beschreibt die Sabbate, die Teufelsverehrung und die Verbrechen, die die Hexen dem allgemeinen Glauben nach verübt hatten, lässt dabei jedoch immer wieder eigene Erlebnisse und Erfahrungen einfließen. So gibt er rückblickend und belehrend eine Unzahl von Beispielen über alle Bereiche der den Hexen zur Last gelegten Taten wieder. Sein Buch hat einen starken autobiographischen Charakter, und ist keineswegs auf das "Lehrbuch für Hexenjäger" zu reduzieren, als welches es immer gerne dargestellt wird. Durch seine persönliche und lebendige Darstellungsweise des Hexenwesens wurde sein Buch damals ungeheuer populär.
Nach seinem ersten Erscheinen im Jahr 1595 erlebte die Daemonolatria bis zum Jahre 1698 mehrere Auflagen und verdrängte als Handbuch vielerorts den Malleus maleficarum.

Um die Person Nicolas Rémy ranken sich auch heute noch die unglaublichsten Mythen - die erschreckenderweise sogar in das eine oder andere "Standardwerk" Eingang gefunden haben. So wird er zum Beispiel des öfteren als abergläubischer Sadist dargestellt, der die der Zauberei Angeklagten aus Freude am Quälen folterte und zum Tode auf dem Scheiterhaufen verurteilte. Bei der Lektüre der Daemonolatria stellt man jedoch fest, dass nichts falscher ist als das. Er war weder Sadist, noch trieb er Menschen im Gefängnis vorsätzlich in den Selbstmord. Er war kein Befürworter von gegen Kinder geführten Halsgerichtsprozessen und hegte keinerlei abergläubische Gedanken. Im Gegenteil bekämpft er in seiner Schrift vielmehr vehement den im Volk verankerten Aberglauben und verurteilt ihn mit scharfen Worten. In seinem Buch schreibt Rémy, dass er anfänglich selbst nicht an die Existenz von Hexen oder Hexerei glaubte, und dass er zu dieser Überzeugung erst im Laufe der Jahre und nach unzähligen Gerichtsprozessen gelangte. Übrigens nicht dadurch, dass eine "Hexe den Tod seines Sohnes verursacht hatte", wie auch fälschlich behauptet wird, - zum Zeitpunkt des Erscheinens der Daemonolatria waren seine drei Söhne wohlauf und von weiteren Söhnen ist nichts bekannt. Und natürlich hat Rémy sich nicht im hohen Alter selbst der Hexerei bezichtigt und wurde auf dem Scheiterhaufen verbrannt, wie man immer noch an einigen Orten lesen kann; - er starb im Jahre 1612 friedlich und geachtet in seinem Bett.


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"Die Erlösung kann nicht verdient, nur empfangen werden, - darum ist sie die Erlösung". -
zuletzt bearbeitet 05.10.2014 07:55 | nach oben springen
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