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Evolutionierung der Kunst:

in Die Göttin. - 01.10.2010 23:06
von Adamon • Nexar | 15.548 Beiträge

„Venus“ als älteste bekannte Darstellung eines Menschen: Brüste & Schamlippen cyanblau markiert, "Kopf" (?) als Öse (rot). a&s-Malerei W.H. 14/01/2010. Mehr im Artikeltext von Werner Hahn:

Geht man von der These einer „Evolutionisierung“ der „Kunst“ aus – will Stammbäume für Malerei- und Skupturen-Entwicklung aufstellen – so sind „Evolutionsprinzipien“ (Auslese, Anpassung etc.) zu diskutieren.
Derartige biologisch relevante Prinzipien gelten auch in Kunst und Kunstgeschichte; sind KUNST-kompatibel.
Sie dienen der Erkenntnis des Wesens der Welt und unseres Selbst.

Alle Bildenden Künstler (auch die FRÜH-Menschen der Eiszeit) waren (sind) als Neugeborene NICHT per se - von „Natur“ aus - bereits „festgelegte“ Wesen.
Ihr Erbgut (Genom-Funktion) war/ist existentiell auf KUNST (KULTUR) und/oder auf „Geistiges“ (z.B. Religion) nicht angewiesen.

Ob sich ein potentieller (eiszeitlicher oder „moderner“) Künstler als künstlerisches oder (un)musikalisches Wesen entwickeln wird (bzw. kann) – sich vom sog. „Tierischen” in sich kulturell evolutionär „befreien“ konnte/kann -, stand/steht nicht ab ovo in seiner „Geburtsurkunde“ geschrieben.


Um später als „Künstler“ den „Geist seiner Zeit“ (mit „KUNST“) erfassen zu können, bedarf es der Anpassungs- und Wechselwirkungsprozesse des potentiell musischen Organismus mit seiner Umwelt.

Besonders Spiegelzellen-geprägte Beziehungs-Erfahrungen im Erziehungs-Umfeld machen „Künstler“ „tauglich“ für KUNST-Experimente und Gespräche mit „KUNST“-Zeitgenossen.

*

„Kunst“-Kulturelles und Eiszeitkunst:

Die FAZ-These - „Zum Künstler wurde der Mensch offenbar nicht erst nach und nach. Sobald er schuf, schuf er richtig“ – bezweifelte ich:

Durch die Verschränkung von EVOLUTIONs-Biologie (mit Neuro-Wissenschaften) und KUNST - auch „Kunst“ der Frühmenschen - sind neurobiologisch und evolutionspsychologisch inspirierte Einsichten nutzbar auch für Erkenntnisse in der Kunstwissenschaft.

Was Naturwissenschaftler entdecken – z. B. SPIEGEL-Zellen als das neurobiologische Fundament für Resonanz- und Spiegelphänomene – ist relevant für Kinder-Kunst-Entwicklung und allgemein eine Evolutionäre Bildwissenschaft (Ästhetik-Meme, Memetik-Theorie der Kunst).

„Man bedenke, dass ein Gemälde, bevor es ein Schlachtross, eine nackte Frau oder irgendeine
Berühmte VENUS von Willendorf - pralle Natur oder abstraktes Ideal? Im Naturhistorischen Museum in Wien von mir fotografiert. Die Hohle-Fels-Eva war damals noch unbekannt. "Nur" 27.000 Jahre alt ist die Wiener Venus; vor 100 Jahren entdeckt.

*

Genesis des Gottesbildes & Denkgegenstände der ‚Kunst’:

In (3) schrieb ich hierzu: Man kann die Geschichte der Kunst und Religion(en) auch als Geschichte der allmählichen (evolutionären) Entdeckung der Erscheinung der Umwelt betrachten. Zur Erkenntnis der Dinge selbst sind Ordnung und Sinn (Denken) in unsere visuellen Erlebnisse zu bringen. Es dauerte lange Zeit, bis prähistorische „KünstlerInnen“ Beutetiere realistisch darstellen konnten. Bis ein Menschen-Kind mit Zeichen, die Vorstellungen symbolisch darstellen, umgehen kann (Punkt, Strich, Kreis; Gesicht), vergehen 2-3 Jahre Entwicklungszeit. (SB – (2).)

Für manche Menschen war das „Göttliche“ in der Umwelt enthalten (Natur, Himmel etc.), das im „Kunstwerk“ darzustellen war (Tempel, Pyramiden, Kirchen, Moscheen, christliche Malerei).

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Genesis der Theologie, Kultus, - absolute Idee sind erst nach und nach ins Blickfeld (Bewusstsein, Reflexion) geraten; als Ergänzung der Realität. Vor den Vorkämpfern der perspektivischen
(vgl. ALBERTI; LEONARDOs Abendmahl) füllte frühe christliche Kultur das Fenster zur Welt mit biblischen Inhalten. Man malte mit Symbolen, bloße Abschriften der Natur (illusionistische Naturwiedergabe) erfolgten später (mit DÜRER z.B.). Schon in der Steinzeit gab es mutmaßlich kulturelle Konflikte: „primitive“ erste „Kämpfe der Kulturen“; Streit mit „Atheisten...

*

DAWKINS sprach vom Mem-Begriff als „Einheit der Imitation“ und kulturellen Vererbung und leitete das Wort MEM vom griechischen „Mimem“ ab (als Verkürzung). So wie Gene sich im Genpool vermehren (Fortbewegung mit Hilfe von Spermien & Eizellen von Körper zu Körper), verbreiteten sich Meme im MEMPOOL, indem sie von Gehirn zu Gehirn überspringen, vermittelt durch einen Prozess, den man im weitesten Sinne als IMITATION bezeichnen kann. (Dawkins 2007.)

Die „wirklich sehr alte“ Idee „Gott“ sei wahrscheinlich „viele Male durch voneinander unabhängige ‚Mutationen’ geboren“ worden.
Sie repliziere sich „durch das gesprochene und geschriebene Wort, unterstützt von großer Musik und großer Kunst“. Der Überlebenswert des GOTT-Mems im Mempool ergebe sich aus seiner großen psychologischen Anziehungskraft.

Dawkins glaubt: Gott existiert, und sei es auch nur in der Gestalt eines Mems, das in der von der menschlichen Kultur geschaffenen Umwelt einen hohen Überlebenswert oder eine hohe Ansteckungsfähigkeit besitzt. Primäre Traditionsbildung erfolgte durch Theologie und Kunst; mit sekundärer Verselbständigung der Disziplinen - „Variationen“ (= EVOLUTION von „KULTUR“).

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Am 27.12.2008 kommentierte ich mit dieser RELIGION-&-KUNST-Genesis-Hypothese einen FAZ-Artikel zum DARWIN-Jahr:

(4): Die biologischen „Wurzeln“, die zu einer kulturübergreifenden „Veranlagung“ des Menschen zu Religiosität und Moralität geführt haben, werden natürlich evolutionsbiologische Ursachen haben, die in kultureller Evolution (Meme-Evolution) gewachsen sind;
- durch „Transformationen“ würden LEONARDO und DARWIN heute sagen. Ein gutes Erklärungsmodell scheint es mir zu sein, wenn wir KUNST & RELIGION & EVOLUTIONSBIOLOGIE zusammen denken. Eine „neue evolutionäre Anthropologie“ interessiert den Kulturkampf Gott und/oder Darwin weniger.

*

Gen-Gruppen“ zur Entwicklung künstlerischen & religiösen Tuns haben sich sicher parallel mit der evolutionären Entwicklung der Spiegelneurone herausgebildet,
den SPIEGELZELLEN des Gehirns als evolutionsbiologisch sehr wichtigen Grundlagen des Menschseins.

Siehe WEB-Beiträge hierzu von mir – googeln bitte. Als ich mein Symmetriebuch (2) in 1989 veröffentlichte, gab es die wichtige Entdeckung der Spiegel-Neurone noch nicht.

*

Der Hang des Menschen zum Glauben an höhere Mächte ist parallel zur Kunst-Evolution (mit „Schamanen“ und ersten „Kunstwerken“ der frühen Steinzeit) als evolutionäre ANPASSUNG zu verstehen:

KUNST & „RELIGION“ haben einen veritablen Überlebensvorteil geboten. Kunst- & Gottes-Fürchtigkeit entwickelten sich in Bifurkationen stufenweise.
Während künstlerische „Prädispositionen" im Tierreich nachweisbar sind, muss nach „religiösen“ beim Tier noch weiter gesucht werden.

*

Dass die Neandertaler(innen) der mittleren Altsteinzeit keineswegs dumm waren, sondern fürsorglich und Sinn für Schönheit hatten, beweist die Ausstellung:

Kunst aber kannten sie nicht.
Die „schönen Künste“ kamen erst mit dem aus Afrika vor etwa 40.000 Jahren zugewanderten Homo sapiens sapiens.

Ihm ist der Hauptteil der „Eiszeit“-Ausstellung gewidmet. Gezeigt wird: Mit ihm beginnt die Kulturstufe „Aurignacien“, die von vielen Innovationen geprägt ist.
Damals entstanden auch die weltberühmten Kunstwerke aus den Höhlen, in denen die Menschen meist nur im Frühjahr und Herbst gewohnt haben. Im Winter waren sie zu kalt – so bevorzugte man Rundhütten aus Fell...

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LITERATUR & Anmerkungen:

(1) Die Ausstellung "Eiszeit - Kunst und Kultur" lief bis zum 10. Januar 2010 im Kunstgebäude am Schlossplatz in Stuttgart. Sie hatte 98.000 BesucherInnen. Archäologisches Landesmuseum Baden-Wüttemberg.

(2) HAHN, Werner (1989): Symmetrie als Entwicklungsprinzip in Natur und Kunst. Königstein. Gladenbach: Art & Science, 1995. HAHN, Werner (1998): Symmetry as a developmental principle in nature and art. Singapore. (Übersetzung des Originalwerkes von 1989, ergänzt durch ein 13. Kapitel – mit erweitertem Sach- und Personenregister sowie Literatur- und Abbildungsverzeichnis.). Ebenda Kapitel 11.8.7. und 11.9.2. - 11.9.5.

(3) HAHN, Werner (2009): DARWIN-Jahr 2009: SCHÖNES und UNSCHÖNES (…) 2. Teil: Über Gestalt-Geheimnisse, RELIGIONEN-EVOLUTION & Biologie-Unterricht. In: ZEIT Online v. 25.01.2009. http://community.zeit.de/user/wernerhahn...eber-gestaltgeh

(4) MÜLLER-JUNG, Joachim (2008): Die Gottesfürchtigkeit im Genpool. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 25.12.2008.

(5) HAHN, Werner (29.09.2008):


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