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Michael Ranft & die leipziger Vampirdebatte:

in Vampirismen. - 23.10.2011 14:54
von Adamon • Nexar | 15.460 Beiträge

Michael Ranft und die Leipziger Vampirdebatte
(1725 – 1734)

Die sogenannte „Leipziger Vampirdebatte“ bezeichnet die gelehrte Auseinandersetzung der Wissenschaft in theologischen, naturkundlichen und medizinischen Bereich auf die durch angeordnete Untersuchung der österreichischen Behörden im besetzten nördlichen Serbien bekannt gewordenen Fälle von Vampirismus in Kisolova 1725 (heute Kisiljevo) und Medvegia 1731/32 (heute Medveda). Beide Fälle gehören bis heute zu den am besten dokumentierten ihrer Art.

Entscheidende Wirkung in der Debatte hatte das Buch von Michael Ranft , eines unserer "bibliophilen Schätzchen".

Den offiziellen Bericht zum Kisolova Fall über den vermeintlichen Vampir Peter Plogojovitz verfasste der kaiserliche Verwalter Frombald am 06. April , der seinen Sitz in Gradiska inne hatte. Öffentlich verbreitet wurde er durch die Wiedergabe im Wienerischen Diarium vom 21. Juli 1725:

Nachdeme bereits vor 10. Wochen, ein dem Dorff Kisolova, Rahmer-District, gesessener Unterthan, Namens Peter Plogojovitz, mit tode abgegangen, und nach Raitzischer Manier zur Erden bestattet worden, hat sichs in ermeldetem Dorff Kisolova geäußert, daß innerhalb 8. Tagen, 9. Personen, so wohl alte als junge, nach überstandener 24. stündiger Kranckheit also dahin gestorben, daß, als sie annoch auf dem Todt-Bette lebendig lagen, sie öffentlich ausgesaget, daß obbemeldeter, vor 10. Wochen verstorbener Plogojovitz, zu ihnen im Schlaff gekommen, sich auf sie geleget und gewürget, daß sie nunmehro den Geist aufgeben müsten; Gleichwie dann hierüber die übrigen Unterthanen sehr bestürzet in solchem noch mehr bestärcket worden, da des verstorbenen Peter Plogovitz Weib, nachdem sie zuvor ausgesaget, daß ihr Mann zu ihr gekommen, und seine Oppanki oder Schuhe begehret, von dem Dorff Kisolova weg, und sich in ein anders begeben. Sintemal aber bey dergleichen Personen, (so sie Vampyri nennen,) verschiedene Zeichen, als dessen Cörper unverweset, Haut, Haar, Barth und Nägel an ihm wachsend zu sehen seyn müsten, als haben sich die Unterthanen einhellig resolviret, das Grab des Peter Plogojovitz zu eröffnen, und zu sehen, ob sich würcklich obbemeldete Zeichen an ihm befinden; Zu welchem Ende sie sich dann hieher zu mir verfüget, und nebst Andeutung vorerwehnten Casus, mich samt dem hiesigen Poppen oder Geistlichen ersuchet, der Besichtigung beyzuwohnen: Und ob ihnen schon erstlich solches Factum reprobiret, mit Meldung, daß ein solches vorhero an eine Löbl. Administration unterthänig-gehorsamst berichten, und derselben hohe Verfassung hierüber vernehmen müste, haben sie sich doch keinesweges hierzu bequemen wollen, sondern vielmehr diese kurze Antwort von sich gegeben: Ich möchte thun was ich wollte, allein, wofern ich ihnen nicht verstatten würde, auf vorherige Besichtigung und rechtliche Erkandtnus mit dem Cörper nach ihren Gebrauch zu verfahren, müsten sie Hauß und Gut verlassen, weil biß zu Erhaltung einer gnädigsten Resolution von Belgrad wohl das gantze Dorff (wie schon unter türckischen Zeiten geschehen seyn sollte) durch solchen üblen Geist zugrunde gehen könte, welches sie nicht erwarten wollten. Da man dann solche Leute weder mit guten Worten noch Bedrohungen von ihrer gefaßten Resolution abhalten kunte, derohalben habe ich mich mit Zuziehung des Gradisker Poppen , in gemeldtes Dorff Kisolova begeben, den bereits ausgegrabenen Cörper des Peter Plogojovitz besichtiget, und gründlicher Wahrheit gemäß folgendes befunden: Daß erstlich von solchem Cörper und dessen Grabe nicht der mindeste, sonsten der Todten gemeiner Geruch, verspühret, der Cörper, ausser der Nasen, welche abgefallen, gantz frisch, Haar und Barth, ja auch die Nägel, wovon die alten hinweggefallen, an ihm gewachsen, die alte Haut, welche etwas weißlich war, hat sich hinweg gescheelet, und eine neue frische darunter hervor gethan, das Gesichte, Hände und Füsse und der gantze Leib waren so beschaffen, daß sie in seinen Lebzeiten nicht hätten vollkommener seyn können: In seinem Munde habe ich nicht ohne Erstaunen einiges frisches Blut erblicket, welches, der gemeinen Aussage nach, von denen durch ihn Umgebrachten gesogen. In Summa, es waren alle Indicia vorhanden, welche dergleichen Leute (wie schon oben bemercket) an sich haben sollten. Nachdem nun sowohl der Popp, als ich dieses Spectacul gesehen, der Pöbel aber mehr und mehr ergrimmter als bestürtzter wurde, haben sie, gesammte Unterthanen, in schneller Eil einen Pfeil gespitzet, mit solchem den toden Cörper zu durchstechen, an das Hertz gesetzet, da dann bey solcher Durchstechung nicht nur allein häuffiges Blut, so gantz frisch, auch durch Ohren und Mund geflossen, sondern auch andere wilde Zeichen (welche wegen hohen Respect umgehe) vorgegangen. Sie haben endlich offtermelten Cörper, in hoc casu, gewöhnlichen Gebrauch nach, zu Aschen verbrannt. Welches dann E. Hochlöbl. Administration hinterbringen, und anbey gehorsamst unterthänigst bitten wollen, daß, wann hierinnen einen Fehler begangen haben sollte, solchen nicht mir, sondern dem vor Furcht außer sich selbst gesetzten Pöbel beyzumessen.
Actum. 6. April. 1725.
Kayserlicher Provisor im Gradisker District.



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"Die Erlösung kann nicht verdient, nur empfangen werden, - darum ist sie die Erlösung". -
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