Die Stadt Emden lag vor langer Zeit in voller Blüte.
Im Hafen lagen viele Schiffe vor Anker und es waren viele Nationalitäten vorhanden.
Vom Meer her führte die Ems die Schiffe in den Hafen.
Ein gewaltiger Sturm braute sich eines Tages im Südwesten zusammen,
wodurch die Stadt von einer riesigen Flut bedroht wurde.
Auf der Ems suchte ein Kauffahrer den Weg in den rettenden Hafen,
er befand sich Nahe der Hafeneinfahrt und man hörte die Befehle
des Kapitäns und das Rasseln des vom Schiff heruntergelassenen Ankers.
Der Sturm heulte und brauste, ein Schaudern ergriff die Menschen im Hafen.
Ein angsteinflößender Windstoß erfasste auf einem Male das Schiff,
hob das Schiff empor und ließ es dann tief in das Wasser eintauchen.
Hob es abermals empor um es herumzuwirbeln und warf es dann
schließlich mit hoher Gewalt tief ins Wasser.
Von vierzig Seemännern ertönte aus vollen Kehlen ein verzweifelter Aufschrei
- Vor den Augen ihrer entsetzten Angehörigen wurden sie vom
Wasser und Sturm, einschließlich des Schiffes in die Tiefe gerissen.
Den Zeugen dieses fürchterlichen Schauspiels entrang lautes Stöhnen.
Am Ufer wurde laut gerufen: "Wo ist die Barge?"
Der Hafenmeister wies auf das im Hafen festgebundene Wachboot hin
und gab kalt zur Antwort: "Die Barge bleibt wo sie ist
- es wäre sinnlos sie auslaufen zu lassen;
Elfert Gießberts hat es auch nicht anders verdient als das
was ihm da draußen jetzt geschenkt wird!"
Elfert Gießberts war der Kapitän des Schiffes,
welches grad da draußen in den Fluten versank;
der Hafenmeister und Gießberts waren schon von jeher erklärte Feinde.
Der Hafenmeister kannte nicht das Wort der heiligen Schrift
"Liebet Eure Feinde", sondern nur "Auge um Auge, Zahn um Zahn".
Der Hass auf den Kapitän des Schiffes war so groß,
das er ihm sogar jede Hilfe verweigerte,
wobei doch sein eigener Sohn an Bord des Kauffahrers befand.
Als man ihn schließlich zur Herausgabe des Schlüssels zwang,
war es bereits zu spät; das Schiff war schon mit Mann und Maus
untergegangen und der Sturm pfiff spöttisch über die Stadtmauern von Emden.
Noch heute, wenn von Nordwesten her ein Sturm aufzieht,
das Wasser an die Deiche schlägt und der Wind unheimlich und laut heult,
taucht um Mitternacht (zur Geisterstunde), ein Geisterschiff auf,
gehüllt in bläuliches Licht.
Man hört die Ankerketten rasseln, die Befehle des Kapitäns
und das Klappern der Taue, die Angst- und Todesschreie der armen Seelen…