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Kenia - Kenya - Australopithecus:
in Afrika: 01.06.2010 23:03von Adamon • Nexar | 15.548 Beiträge
Offizieller Name: Republik Kenia
Hauptstadt: Nairobi
Fläche: 580.367 km²
Landesnatur: Küstentiefland, nach W übergehend in das Hochland mit dem nord-südlich verlaufenden Ostafrikanischen Graben, im W Victoriasee
Klima: Tropisches, wechselfeuchtes Klima
Hauptflüsse: Galana, Tana
Höchster Punkt: Mount Kenya 5199 m
Regierungsform: Präsidiale Republik
Staatsoberhaupt: Staatspräsident
Regierungschef: (neu seit 18. März 2008) Premierminister
Verwaltung: : 7 Provinzen
Parlament: Nationalversammlung mit 224 Mitgliedern, davon 210 für 5 Jahre gewählt, 12 werden ernannt, 2 ex officio
Nationalfeiertag: 20. Oktober, 12. Dezember
Einwohner: 29.549.000 (1999); 33.829.590 (geschätzt Juli 2005); ca. 22% Kikuyu, 14% Luhya, 13% Luo, 12% Kalenjin, 11% Kamba, 1,6% Massai, ca. 80.000 asiatischer (Indien) und ca. 60.000 europäischer Herkunft, ca. 224.000 Flüchtlinge überwiegend aus Somalia, Äthiopien, Sudan
Bevölkerungsdichte: 51 Ew./km² (1999)
Stadtbevölkerung: 33% (1999)
Bevölkerung unter 15 Jahren: 43% (1999)
Analphabetenquote: 17% (1999)
Sprache: Kisuaheli (ca. 50%), Englisch, dazu über 60 Sprachen und Dialekte
Religion: Traditionelle Religionen 26%, Katholiken 28%, Protestanten 38%, Moslems 6%
Arbeitslosigkeit: 50% (geschätzt)
Importgüter: 16,9% Chemikalien, 16,2% Öl- und Ölprodukte, 11% Kraftfahrzeuge, Maschinen, Eisen, Stahl
Exportgüter: ca. 50% Nahrungsmittel (Kaffee 14,4%, Tee 19,9%, Zuchtvieh, Fleisch), weltweit größter Exporteur von Schnittblumen, Erdölprodukte, Sisal, Pyrethrumextrakt
Währung: Kenia-Shilling
Facettenreich und widersprüchlich offenbart sich dem Fremden Kenia, die prähistorische Wiege der Menschheit. Einst gelobtes Land weißer Siedler, ist es heute das verfluchte Land eines verarmten Proletariats. Kenia bedeutet Elend der Slums vor den Fassaden des Reichtums in den Städten und der Kulisse von Industrie und Großplantagen in den übervölkerten Hochlandgebieten und an der Küste, ethnisches Chaos, Reservate steinzeitlicher Nomadensippen mit den geheimnisvollen Kulten animistischer Naturreligionen und die puritanische Rechtschaffenheit der britischen Siedler.
Kenia ist aufgrund seiner landschaftlichen Vielfalt und mannigfaltigen Pflanzen- und Tierwelt aber auch eines der meistbesuchten Ferienländer Afrikas. Es ist der Schutzraum aussterbender Tierarten, Großwildparadies in einer einzigartigen Naturlandschaft, ein Land mit ehrfurchtgebietender Weite der leeren Halbwüsten und Trockensavannen, mit grünem Hochland und tropischem Regenwald, mit Vulkankegeln und den ewig schneebedeckten Gipfeln des Mount Kenya, mit riesigen Binnenseen, deren Oberfläche sich wie beim Nakurusee rosa färbt, wenn Millionen von Flamingos dort einfallen, und mit tropischen Traumstränden am Indischen Ozean, die zu den schönsten der Welt gerechnet werden.
Natur und Landschaft:
Kenia liegt in den inneren Tropen Ostafrikas beiderseits des Äquators und erstreckt sich von den Trockengebieten im Norden bis zu dem von Vulkanen gekrönten Hochland im Südwesten, dem "Dach Afrikas".
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Die Menschen:
Mit seinem gleichbleibend hohen Bevölkerungswachstum hält Kenia trotz eines Familienplanungsprogramms in Afrika einen problematischen Rekord. Immer dichter drängen sich die Menschen in den Gebieten, die sich landwirtschaftlich nutzen lassen, doch das ist in Kenia nur gut ein Fünftel der Gesamtfläche. Hirten- und Bauernstämme befehden sich um Acker- und Weideland. Wer verliert, rodet, um wenigstens das Lebensnotwendigste anpflanzen zu können, die Reste des Regenwaldes und verschärft so die ökologische Krise, die zur ökonomischen wird, sobald dabei Erosion die Böden ruiniert und der "Landhunger" auch vor den devisenbringenden Nationalparks nicht halt macht.
Um diesem Teufelskreis zu entrinnen, zieht die verarmte Landbevölkerung in die Städte. Dort leben die Menschen in Slums - abgenabelt von der Kultur und den Traditionen des agrarischen Lebenszyklus mit seinen Riten, Bräuchen und der alten Weisheit der Naturreligionen, gerissen aus der Stammeszugehörigkeit - in scharfem Kontrast zum offenkundig zur Schau gestellten Reichtum der kleinen schwarzen Oberschicht. Wer seinen Lebensunterhalt nicht als Kleinhändler, Handwerker unter freiem Himmel oder als zeitweilig beschäftigte Arbeitskraft im Dienstleistungsgewerbe bestreiten kann, rutscht schnell in ein Milieu ab, das von Kriminalität, Gewalt und Prostitution gekennzeichnet ist.
Bevölkerung und Stammesegoismus:
Wo nicht die notgeborene Kriminalität der Armen herrscht, fordert der Tribalismus der etwa vierzig verschiedenen Völker von alters her seine Opfer. Tribalismus bedeutet: unterschiedliche Sprache und unterschiedliche Kultur der Stämme. In Kenia teilen sich die zahllosen Gruppen und Untergruppen in drei große Sprach- und Kulturfamilien: Bantu (Kikuyu, Luya u.a.), Niloten (Luos, Kalenjin u.a.) und Kuschiten. Die fünf größten Völker - die Kikuyu, die Luhya, die Luo, die Kambra und die Kalenjin - stellen nahezu drei Viertel der Gesamtbevölkerung. Die Massai, das wohl bekanntesten Volk Kenias, stellen etwa 1,6% der Bevölkerung. Aber auch wenn über 60% der Kenianer Christen sind und neben der geschlossenen Gemeinschaft des Islam (ca. 20%) der Zauber der animistischen Medizinmänner herrscht, hat die Religion kein einigendes Band zwischen den Völkern schließen können. Ein Kenianer ist in erster Linie seinem Volk verpflichtet, dessen Interessen als Bauern- und Hirtenvolk bei der Landnahme ebenso zu wahren sind wie bei der Vergabe von Posten in Verwaltung und Wirtschaft.
Käuflicher Sex in Kenia:
» [...]
Für eine gewisse Klientel von weißen Frauen sind die jungen Krieger der Samburu heiß begehrt. Ein regelrechter Heirats- und auch Sexmarkt ist entstanden. [...] «
aspekte.zdf.de: Schwarze Krieger für weiße Ladys
» [...] Mungiki-Sekte: Für nationale und internationale Proteste sorgte das gewaltsame Vorgehen der Sicherheitskräfte bei einer Razzia in Nairobi am 5.6.2007 gegen eine militante Kikuyu-Sekte, bei der mindestens 30 Personen getötet und mehr als 250 verhaftet wurden. Augenzeugen sprachen von willkürlichen Exekutionen von Sektenmitgliedern.
Die wahrscheinlich 1988 gegründete und 2002 verbotene Mungiki-Sekte, der Verbindungen in höchste politische Kreise nachgesagt werden, hatte in den letzten Jahren Schutzgelder zu erpressen versucht. Zahlungsunwilligen, aber auch abtrünnigen Sektenmitgliedern und Polizisten drohte die Ermordung. Mitte Mai 2007 wurden sechs Mitglieder wegen angeblicher Zusammenarbeit mit Sicherheitsbehörden enthauptet. Daraufhin hatte Präsident Kibaki am 1.6. eine harte Reaktion des Staates angekündigt.
Nach der Razzia in Mathare kam es zu einem Massenexodus der Slum-Bewohner, die weitere Auseinandersetzungen und Übergriffe der Sicherheitskräfte befürchten.
Am 21.6.2007 wurde John Kamunya, ein früherer Anführer der Mungiki-Sekte, von einem Gericht in Nairobi zu einer fünfjährigen Haftstrafe wegen Waffen- und Drogenbesitzes verurteilt. In der darauffolgenden Nacht wurden in Nairobi sowie im 30 km entfernt gelegenen Banana Hill elf Personen bei insgesamt drei Anschlägen auf Gaststätten ermordet. [...] «
Aus: Der Fischer Weltalmanach 2008, S.278.
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Kenia - Kenya - Australopithecus:
in Afrika: 01.06.2010 23:04von Adamon • Nexar | 15.548 Beiträge
Der Staat
Geschichte
Die Geschichte Kenias reicht zurück in vorzeitliches Dunkel. Prähistorische Skelettfunde erlauben den Schluss, dass Kenia zu jenen Regionen gehört, wo Hominiden (Vormenschen) vor gut drei Millionen Jahren den aufrechten Gang lernten.
Aus der überlieferten Geschichte ist bekannt, dass bereits in vorchristlicher Zeit phönizische Segler an der Küste Kenias landeten. Um das Jahr 1000 n. Chr. bildete sich eine arabisch geprägte Küstenkultur heraus. Die islamischen Stadtstaaten - u. a. Mombasa und Malindi - betrieben regen überseeischen Handel, der bis nach China reichte. Zur gleichen Zeit durchzogen schwarze Völker das Landesinnere. Vom Kongo her wanderten Bantu-Stämme ein, nilotische Luos folgten vom Sudan kommend, und vom Nordosten zogen kuschitische Gruppen wie die Somal durchs Land. Manche siedelten als Bauern, andere blieben als Viehzüchter und Krieger Nomaden. Früh entstandene Rivalitäten um Siedlungsgebiete, Acker- und Weideland schürten Hass und Stammesfehden, deren Nachwehen bis heute in der kenianischen Gesellschaft spürbar sind.
Zu Beginn des 16. Jahrhunderts nahmen die Portugiesen Besitz von den blühenden Handelsmissionen der Araber, die sie jedoch 1729 an den Sultan von Oman abgeben mussten. Berichte von Forschungsreisenden machten im 19. Jahrhundert auch Deutsche und Briten neugierig auf das weite Land. Durch Kaufverträge und Pachtverhältnisse, diplomatische Ränkespiele und Scharmützel gewannen die Briten schließlich die Oberhand und erklärten Kenia 1895 zum Protektorat. Der Bau der Eisenbahn mit Hilfe indischer Arbeitskräfte, deren Nachfahren heute den mittelständischen Handel bestimmen, erschloss das Landesinnere für immer mehr weiße Siedler. Sie nahmen das Land in Besitz und drängten die afrikanische Bevölkerung in sogenannte Reservate. Nur die Eingeborenen, die sich der fremden Kultur anpassten, konnten bis in die unteren Ränge der Verwaltung vordringen und eine für afrikanische Verhältnisse relativ sichere Existenz finden, selbstbestimmte Freiheit ließen die "big bwanas" nicht zu. Kenia wurde britisch bis zur Fachwerkarchitektur der Herrenhäuser, dem Neoklassizismus der Kolonialverwaltungsgebäude und den roten Telefonzellen, von den Schuluniformen über den "Five-o'clock-tea" bis zur frühen Sperrstunde in den Pubs.
Unabhängigkeitsstreben und Einparteienstaat
Während die Briten aus ökonomischem Eigennutz die Grundlage einer kommerziellen Landwirtschaft schufen, eine Infrastruktur aufbauten und mit der Industrialisierung des Landes begannen, wurden die Schwarzafrikaner in diesem klassisch kolonialen Ausbeutungssystem nur als Arbeitskräfte benötigt, was bald zu Unzufriedenheit führte.
Die Kikuyu, das größte Bantuvolk, begannen eine Unabhängigkeitsbewegung zu organisieren. Doch erst der von radikalen Kräften durchsetzte Mau-Mau-Aufstand (von 1952 bis etwa 1955), in dem systematische Terroraktionen gegen britische Einrichtungen mit brutalen Polizeiaktionen beantwortet wurden, führte zu einem politischen Umdenken unter den Kolonialherren. Über verschiedene Zwischenstufen erreichte Kenia 1963 die volle Souveränität. Unter Führung von Jomo Kenyatta (1891-1978) wurden die Grundlagen für einen Einparteienstaat ("Kenya African National Union", KANU) geschaffen. Der einstige Häuptling brachte das Land auf einen prowestlichen Kurs und regierte bis zu seinem Tod 1978 als Präsident und afrikanische Symbolfigur, halb als Demokrat, halb als Patriarch. Die wachsenden Spannungen zwischen wenigen Reichen und zu vielen Armen, die Konflikte zwischen den Stämmen und die politische Opposition wurden gewaltsam unterdrückt. Unter seinem Nachfolger Daniel Arap Moi (* 1924), einem Angehörigen des kleinen Volkes der Kalenjin, haben Ämterpatronage und Korruption über das bereits erreichte Niveau hinaus deutlich zugenommen. Moi selbst hat über mehrere Verfassungsänderungen und mit Hilfe der Staatsgewalt seine persönliche Macht ausgebaut, während sich die Kluft zwischen Arm und Reich weiter vergrößert. Die Kritiker des morschen Systems werden durch harte Repressionen in den Untergrund getrieben. Von hier könnte jene Revolution ausgehen, die auch von der westlichen Welt zunehmend gefürchtet wird. Sie möchte diesen wichtigen Partner in Afrika nicht verlieren, auch wenn Kenia seine einstige Reputation als schwarzes Musterland langsam verliert.
Demokratisierungsprozess
Im Dezember 2002 kam es zum demokratischen Machtwechsel, der die fast 40-jährige Herrschaft der Kenya African Nationalist Union (KANU) beendete. Nach der durch nationalen und internationalen Druck erfolgten Verfassungsänderung konnte Präsident Moi nach zwei Amtsperioden nicht mehr erneut kandidieren. Den neuen Präsidenten (Mwai Kibaki, vom Volk der Kikuyu, Mitbegründer der KANU und mit über vier Jahrzehnten im Parlament der dienstälteste Abgeordnete seines Landes) stellte das Oppositionsbündnis NARC, das die Korruption bekämpfen und eine neue Verfassung erlassen wollte.
Das fragile Regierungsbündnis aus Liberal Democratic Party (LDP) des Luo Raila Odinga (vom Volk der Luo; hat in den 1960er Jahren in Magdeburg studiert) und National Alliance Party of Kenya (NAK), der Kibaki angehört, konnte die Hoffnungen der Kenianer nicht erfüllen. Das Versprechen, Odinga zu einem starken Ministerpräsidenten zu machen, wurde nicht gehalten. So kam es zum Streit um die neue Verfassung, die einen Ministerpräsidenten nicht vorsah. Auch der Kampf gegen die Korruption blieb erfolglos. Mit kostenloser Grundschulbildung löste Kibaki allerdings ein Wahlversprechen ein, das ihm vor allem bei der ärmeren Bevölkerung Zuspruch bescherte.
Nach den Wahlen Ende 2007, die zugunsten Kibakis ausgingen, steht Kenia zu Beginn des Jahres 2008 am Rande eines Bürgerkrieges. Kibakis Herausforderer, der Kandidat der neuen Oppositionsbewegung Orange Democratic Movement (ODM) Raila Odinga, spricht von Wahlbetrug. Schon der Wahlkampf war bestimmt von tief verwurzelten Vorurteilen der Kikuyu gegenüber Odinga (Wikipedia: Raila Odinga).
Die Unruhen, die bis zu 1500 Menschenleben forderten und 300.000 Kenianer obdachlos machten, verursachten für Kenia einen erheblichen Image-Schaden in der Welt. Erst nach wochenlanger Vermittlung des ehemaligen UN-Generalsekretärs Kofi Annan und auf verstärkten Druck der internationalen Gemeinschaft hin (vor allem der EU und den USA), erklärte sich Kibaki Ende Februar bereit, seine Macht mit der Opposition teilen zu wollen.
Das Parlament verabschiedete schließlich Mitte März eine Verfassungsänderung, die das Amt des Premierministers sowie zweier Stellvertreter einführt. Anschließend billigten die Parlamentarier ein Gesetz zur Bildung einer großen Koalitionsregierung, deren Zusammensetzung paritätisch zwischen Mitgliedern der Regierungspartei (PNU) und der Opposition (ODM) aufgeteilt werden soll. Regierungschef soll Odinga werden. Ferner wurde festgelegt, dass die Regierung aufgelöst wird, sobald eine der beiden Parteien die Koalition verlässt.
Siehe auch: welt.de: Kenias Parlament ändert Verfassung (18.03.08)
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RE: Kenia - Kenya - Australopithecus:
in Afrika: 01.06.2010 23:06von Adamon • Nexar | 15.548 Beiträge
"Wiege der Menschheit"
Im Jahre 1871 versetzte Charles Darwin (1809-1882) die Welt mit seiner Theorie, dass Menschen und Affen auf einen gemeinsamen, affenähnlichen Vorfahren zurückgehen, in Erstaunen. Er stellte außerdem fest, dass Schimpansen und Gorillas die engsten lebenden Verwandten des Menschen seien, und schloss daraus: "... es ist wahrscheinlicher, dass unserere frühen Vorfahren auf dem afrikanischen Kontinent lebten als irgendwo anders."
Dennoch konzentrierten Paläontologen ihre Forschung nach affenartigen und menschlichen Fossilien zunächst auf Asien und Europa. Erst in den 1920er Jahren begann Dr. Louis Leakey (1903-1972) seine Suche nach den Ursprüngen des Menschen in der inzwischen berühmten Olduvai (Oldoway)-Schlucht in Tansania. 1959 entdeckte er hier einen fossilen Hominiden, wodurch Afrika zum bevorzugten Forschungsgebiet der Paläontologen wurde. Bald wurden Hunderte hominider Fossilien an verschiedenen Stellen in Afrika entdeckt.
Kenias Behauptung, die "Wiege der Menschheit" zu sein, gründet sich auf einen 1972 am Ufer des Turkanasees entdeckten Schädel, der seitdem aufgrund seiner Index-Nummer als "1470" bekannt ist.
Das Zusammenfügen der Bausteine
Die Spuren der frühen Hominiden sind meistens sehr unvollständig und schwer zu analysieren. Selbst die zeitliche Einordnung solcher Überreste ist oftmals problematisch. Die afrikanischen Ausgrabungsstätten bergen jedoch nicht nur bedeutende fossile Knochenfragmente, sondern geben auch Zeugnis ab über die Lebensumstände der Vor- und Frühmenschen. Die Funde beinhalten Steinwerkzeuge und Tierknochen, was darauf hinweist, dass die .frühen Hominiden Aasfresser, evtl. sogar Jäger waren. Durch Abschlagen einiger Steinsplitter entstanden Schaber oder Klingen, die eine Fleisch- oder Knochenbearbeitung von Aas ermöglichten. Selbst über mögliche Lagerplätze geben die Funde Aufschluss. Bei Laetoli in Äthiopien gibt es eine Reihe vormenschlicher Fußabdrücke im einst weichen vulkanischen Gestein, die ca. 3 Millionen Jahre alt sind. Nur selten stellen Fossilien ein nahezu vollständiges Fundstück dar, und die Wissenschaftler sehen sich meist vor die Aufgabe gestellt, aus nur einem winzigen Bruchstück eines Kieferknochens das ganze Lebewesen rekonstruieren zu müssen. Solche Fragmente können jedoch eine erstaunliche Zahl von Informationen bergen. Ein Knochenstück aus den Gliedmaßen oder dem Becken kann einen Hinweis darauf geben, ob das betreffende Lebewesen einen aufrechten Gang wie der heutige Mensch hatte, und ein einziger Zahn gibt möglicherweise Aufschluss darüber, ob es zur Gattung Mensch oder Affe gehörte.
Jahrelang klassifizierten, die Paläontologen fast jedes neue Fundstück als eine neue Spezies, und es gab und gibt heftige Diskussionen über die Festlegung der Grenze zwischen dem fossilen Affen und dem fossilen Menschen. Heute werden die "Australopithecinen" ("Affen des Südens") als früheste uns bekannte Vorfahren des Menschen angesehen und manchmal auch als "menschenähnlich" bezeichnet. Sie verfügten über eine aufgerichtete Haltung und aufrechten Gang, ihre Zähne ähnelten mehr denen des Menschen als des Affen, und die Höhe ihrer Hirnschale oberhalb der Augenbrauen war größer als bei den Affen. Jedoch ähneln die massiven Kieferknochen und das vorstehende Gesicht der Australopithecinen eher dem Affen als dem verflachten menschlichen Profil. Daneben ist ihr Gehirnvolumen relativ gering. Es ist jedoch anzunehmen, dass sie über einfache Werkzeuge verfügten und zur Beschaffung der Nahrung Tiere jagten. In Südafrika, aber auch in Äthiopien hat man viele Reste der Australopithecinen gefunden. Der "Australopithecus africanus" war der kleinere und zartere, während der größere und schwerere "Australopithecus robustus" einen größeren Schädel hatte.
Die Diskussion, ob die erste echte Menschenart Homo vom Australopithecus abstammt, ist in vollem Gange. Eine andere Diskussion kreist um die Frage der Identifizierung der frühesten Funde des Homo. In den 1960er Jahren entdeckte Leakey bei Olduvai ein Exemplar, das er aufgrund des Umgangs mit frühen Steinwerkzeugen "Homo habilis", "der geschickte Mensch", nannte. Jedoch wird er nicht von allen Paläontologen als echtes Mitglied der Spezies Homo akzeptiert.
Der Turkanasee
1967 leitete Dr. Leakeys Sohn Richard (* 1944) eine Expedition in Kenia und kam mit sensationellen Entdeckungen vom Turkanasee zurück. Verschiedene Stellen am Ufer waren untersucht worden und gaben Fragmente von Zähnen und Schädelknochen sowohl der frühen Australopithecinen als auch anderer Hominiden frei. Daneben fand man Steinwerkzeuge, die auf 3 Millionen Jahre zurückdatiert werden können. Man glaubt, dass die frühesten Funde sogar 3,5 bis 4 Millionen Jahre alt sind, und einige Wissenschaftler ordnen sie dem ältesten bekannten Hominiden "Australopithecus anamensis" zu. Bis jetzt hält man ihn am ehesten für den Vorfahren sowohl der späteren Australopithecinen als auch des Homo.
Ein berühmter Fundort ist Koobi Fora am Turkanasee im Norden Kenias, wo der aufschlussreiche "Schädel 1470" entdeckt wurde. Er ist ca. 2 Millionen Jahre alt und hat ein deutlich größeres Hirnvolumen als der Australopithecus. Man ordnet ihn als einen der ältesten bekannten Vertreter der Gattung Homo ein, dem Vorfahren des heutigen "Homo sapiens". Sowohl Homo als auch Australopithecus robustus und Australopithecus africanus haben offensichtlich zur gleichen Zeit am Turkanasee gelebt.
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Literatur
Alle Länder dieser Erde. Band 1, Sonderausgabe in 2 Bänden, Reader´s Digest (Hg), Bertelsmann, Gütersloh/München, 2001, S.796 f.
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