Wieviel Philosophie braucht der Mensch ? » 4. - Selbst Denken:
#1

4. - Selbst Denken:

in Wieviel Philosophie braucht der Mensch ? 05.04.2016 18:30
von Adamon • Nexar | 15.449 Beiträge

Auszüge aus "Wieviel Philosophie braucht der Mensch"
von Werner Schneider, - Anaconda-Verlag,
ISB N 978-3-86647-149-8:


57:

Als Denken eines endlichen und somit individuellen Denksubjekts
ist alles menschliche Denken letztlich - trotz aller möglichen
Objektivität bzw. Intersubjektivität - subjektiv, nämlich
individuell und borniert, also auch geschichtlich. -

http://www.duden.de/rechtschreibung/borniert

In diesem doppelten Sinne ist auch Philosophieren unvermeidlich
subjektiv - nicht nur formal, sondern auch material subjektiv,
also unaufhebbar individuell und endlich. -

Philosophieren ist, auch wenn es nach absoluter Erkenntnis strebt,
niemals selbst absolute Erkenntnis, auch als Versuch,
das Absolute zu bedenken, bleibt es unaufhebbar relativ. -

Die Subjektivität des Philosophen ist in gewisser Weise sogar
auffälliger als die des normalen, alltäglichen wie wissenschaftlichen
Denkens. -

Denn sie geht sozusagen tiefer: erstens, weil das Philosophieren
tendenziell auf das Ganze geht und mit dem Umfang des Objekts
auch die Menge der indefiniten Probleme wächst, die in´s Spiel kommen;
(58) zweitens, weil im philosophischen Denken auch noch
Voraussetzungen problematisiert werden, die z.B. in den
Einzelwissenschaften unbefragt oder ausgeblendet bleiben und dieser
Erkenntnis folglich eine letztlich vordergründige, weil nur hypothetische
Objektivität verleihen. -

Mit anderen Worten:

Philosophieren ist, weil "ganzheitlich", grundsätzlich geschichtlich. -

Es entspringt aus einer individuellen Situation, die selbst wieder
in eine allgemeine Situation eingebettet ist, und es verbleibt bis zu
einem gewissen Grade immer in der Situation, aus der heraus
es entstanden ist - wenn auch gegen sie denkend
und durch Denken sie verändern. -

Philosophie bewegt sich in einem geschichtlichen Horizont,
auch wenn sie dagegen anrennt und manche Horizonte
vielleicht sogar erweitert. -

Warum sonst streiten sich Philosophen, wenn nicht wegen
ihrer jeweiligen Borniertheit (Subjektivität)?



. - Was Du aufdeckst, - offenbart sich . -

"Die Erlösung kann nicht verdient, nur empfangen werden, - darum ist sie die Erlösung". -
zuletzt bearbeitet 05.04.2016 18:54 | nach oben springen
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#2

RE: 4. - Selbst Denken:

in Wieviel Philosophie braucht der Mensch ? 05.04.2016 19:35
von Adamon • Nexar | 15.449 Beiträge

Menschliches Denken, auch Philosophieren, ist aber
nicht nur subjektives Selbstdenken, weil jeder, wenn er denkt,
als er selber denkt und dabei in individuellen Grenzen denkt,
sondern auch deshalb, weil niemand nur das denkt, was andere
vorgedacht haben, sondern unvermeidlich, und zwar spontan,
auch eigene Gedanken hat und insofern, wie begrenzt auch immer,
selbst denkt. -

Mit diesem selbstständigen Denken beginnt das Selbstdenken
in der emphatischen Bedeutung des Wortes; die darauf zielende
Forderung verlangt, dass Ich möglichst viele Gedanken selbsttätig
oder unabhängig von anderen entwickle. -

Selbstdenken meint daher vor allem selbstständiges als (zumindest relativ)
eigenständig produktives Denken. -

Auch hier zeigt sich das Selbstdenken gewissermassen als die Kehrseite
des freien Denkens. -

In dem Maße, wie Ich mich vom unfreien Nachdenken fremder
Gedanken befreie, bin Ich offensichtlich gezwungen, selbstständig,
nämlich unabhängig, daher auch original und insofern innovativ
oder produktiv zu denken, insbesondere selbstständig zu urteilen. -

(Anm.: "Auch hier zeigt sich das Selbstdenken gewissermassen als
die Kehrseite des freien Denkens". -


Das ist eine Frage, wie man das "freie Denken" definiert...
Denn meiner Ansicht nach bezieht ja das freie Denken seine Inhalte
aus der Möglichkeit, " selbstständig, nämlich unabhängig,
daher auch original und insofern innovativ oder produktiv
zu denken, insbesondere selbstständig zu urteilen.". -


Und in diesem Sinne "zeigt sich das Selbstdenken in erster Linie
als die Kehrseite des unfreien Nachdenkens fremder Gedanken". -


Wenn Ich nämlich das "freie Denken" völlig jenseits des Selbstdenkens
ansiedele, muss Ich mich fragen, an welchen Inhalten Ich es denn
zu erkennen vermag ? - AvE)



. - Was Du aufdeckst, - offenbart sich . -

"Die Erlösung kann nicht verdient, nur empfangen werden, - darum ist sie die Erlösung". -
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#3

RE: 4. - Selbst Denken:

in Wieviel Philosophie braucht der Mensch ? 05.04.2016 19:42
von Adamon • Nexar | 15.449 Beiträge

59:

Vor allem das Philosophieren scheint, seinem eigenen Selbstverständnis
nach, ein solches selbstständiges bzw. verselbstständigtes Denken zu sein. -

Irgendwo und irgendwann ist alles Denken notgedrungen selbstständig. -

Ein blosses komplettes Nachdenken des Vorgedachten ist schon
rein intellektuell nicht möglich, teils wegen der Menge des Vorgedachten,
teils wegen dessen Widersprüchlichkeit; ausserdem könnte es sein,
dass meine eigenen Probleme darin gar nicht vorkommen. -

Aber auch existentiell ist ein blosses "selbstloses" Nachdenken
des Vorgedachten auf die Dauer nicht durchzuhalten
- Ich kann nicht immer nur, bis zur Selbstauslöschung,
andere für mich denken lassen. -

Sowenig jemand für mich leben und sterben kann,
sowenig kann im Grunde ein anderer für mich denken,
jedenfalls nicht in den letzten und wesentlichen Fragen. -

Daher kann sich das subjektive Denken reflektieren
und radikalisieren und dadurch eine neue Qualität erreichen,
die man Selbstdenken im existentiellen Sinn nennen kann
und bei der nicht nur intellektuelle, sondern auch
existentielle Selbstständigkeit gefordert ist. -

Ich will und muss für mich selber denken können. -

Das Philosophieren ist ein Denken, das sich auf sich selbst stellt
und sich- als Selbstsein im Denken - der Wirklichkeit im Ganzen stellt. -

Philosophieren ist subjektiver als alles andere Denken,
insofern es betontermaßen Selbstdenken ist;
- es ist sogar radikal subjektiv, weil es nicht nur eine Sache
des allgemeinmenschlichen Verstandes, sondern auch
der individuellen Existenz ist, und zwar
der ganzen menschlichen Existenz. -

Philosophie ist kein von der eigenen Existenz jederzeit beliebig
und völlig abtrennbares Denken, - auch in der äussersten
Abstraktion bleibt sie auf ihren Ursprung bezogen
und durch diesen bedingt. -

Wenn aber Philosophieren subjektives Denken auch
in diesem Sinne ist, dann wäre es natür-(60)-lich
schon aus Gründen der Redlichkeit wichtig, wenn es sich
dieser seiner Subjektivität, soweit wie möglich, bewusst würde. -

Da Ich meinem Denken ohnehin nicht entgehen kann,
käme es nicht zuletzt darauf an, mich meiner Endlichkeit zu stellen
und meine unvermeidliche Subjektivität zu akzeptieren
oder auf mich zu nehmen, mich zu meiner Endlichkeit
zu bekennen und diese auszuhalten - es käme darauf an,
in meinem Denken wirklich Ich Selbst zu sein. -

(Anm.: Gewiss, Sich zu seiner Endlichkeit bekennen,
und sie auch in jedem Falle zu ertragen, - aber auch, einzubeziehen,
"das meine Endlichkeit mit meiner Erkenntnis von Ihr endet",
- wie mein "mich-selbst-Kennen" mit meinem Tod erlischt. -

"Jenseits meiner Erkenntnis meiner Endlichkeit,
wie auch jenseits meines mich-selbst-Kennens
- ist keinerlei Endlichkeit mehr greif- oder auch nur annehmbar,
- nur noch reine Schöpfung aus der Summe des Möglichen". - AvE)

Soll oder kann Ich etwa auf mein Denken verzichten,
nur weil es subjektiv ist ?

Philosophieren heisst: Aus der Not eine Tugend machen. -

68:

"Im Philosophieren kann das Leben sich selber denken". -


- Verwebe zu: 5. - Polit-Philosophie:



Dateianlage:
. - Was Du aufdeckst, - offenbart sich . -

"Die Erlösung kann nicht verdient, nur empfangen werden, - darum ist sie die Erlösung". -
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