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Das Bilsenkraut:

in Pflanzen: 01.11.2018 12:27
von Adamon • Nexar | 15.455 Beiträge

Das Bilsenkraut (hyoscyamus niger)

Herkunft und Geschichte
Das in Europa, Asien und Nordafrika verbreitete schwarze Bilsenkraut sowie verwandte Bilsenarten gehören zu den ältesten Giftpflanzen der Menschheit im indogermanischen Raum. Bilsenkraut wird schon auf den Tontafeln der Sumerer (3. Jahrhundert v. Chr.), dessen in Stein gemeisseltes Gesetzbuch, wie eine Entschlüsselung der Schriftzeichen ergeben hat, u.a. Pflanzen wie Bilsenkraut und Minze erwähnt. Schon in jener Zeit wurde der Rauch der Pflanze gegen Zahnschmerzen eingesetzt. Ägypter, Inder, Perser und Araber kannten ebenfalls verschiedene Bilsenarten.

In der griechischen Sage war die Bilse die Pflanze des Herakles. Der griechische Name „hyoscyamus“ bedeutet: Saubohne und erinnert vielleicht daran, dass die Zauberin Circe, die nach Homer den Gefolgsleuten des Odysseus ein Mahl mit „betäubenden Säften“ servierte und sie danach in Schweine verwandelte, sich dabei dieses Krautes bzw. seiner halluzinatorischen Wirkung bedient haben könnte.
Ein weiterer Name für die Bilse war im alten Griechenland: Apollinaris (herba apollinaris = Kraut des Apollon) und ebenso: Pythonion, woraus man geschlussfolgert hat, dass die orakelsprechende Pythia sich mit Hilfe von Bilsenkrautdämpfen in einen Zustand seherischer Versenkung begeben hat.

Auch bei den Kelten war das Bilsenkraut einem Gott geweiht: dem Sonnengott Belenus; es trug daher auch den Namen „belinuntia“. Plinius der Ältere (23-79 n. Chr.), römischer Heerführer und Schriftsteller, berichtete in seiner Naturgeschichte, dass bereits ein Absud von nur vier Blättern des Krauts genüge, die Sinne des Menschen zu stören, und dass das Öl der Samen, ins Ohr geträufelt, Wahnsinn auslöse.
Die Gallier kannten auch das Bilsenkraut; sie bestrichen ihre Wurfspiesse damit, um das Wild sicher zu töten.
Die Zigeuner sollen auch an der Verbreitung der Pflanze beteiligt gewesen sein, da sie das „Zigeunerkraut“, wie die Bilse auch genannt wird, bei ihren Künsten gebrauchten.

Brauchtum und Überlieferung
Noch um 1825 war im Rheinland ein Regenzauber üblich, indem Dorfbewohner Bilsenäste in eine Quelle tauchten und die daran haften gebliebenen Wassertropfen auf den heissen Sand sprengten.

Nach Meinung des Volkes kann man mit Bilsensamen Streit und Zank hervorrufen. Hexenprozessakten aus Goslar berichten darüber, dass zwei Liebende sich plötzlich hassen, wenn jemand – die geständige „Hexe“, des 16. Jahrhunderts – Bilsenkrautsamen zwischen die Liebenden gestreut und dabei gesprochen hat.
Das Bilsenkraut darf auch in keiner Hexensalbe fehlen; es muss dazu jedoch an einem Sonnabend bei sinkender Sonne geschnitten worden sein.
Wild lässt sich vom Jäger erfolgreich herbeilocken, wenn er eine Stunde zuvor Fett und Blut der zu jagenden Tierart mit Bilsenkrautsaft tränkt und am gewünschten Ort der Jagd vergräbt.

In der Volksmedizin wurde die Bilse, meist unter Ansprache mit bestimmten Zauberformeln, gegen Gicht und Rheuma, gegen Schmerzen aller Art und hier besonders gegen die Zahnschmerzen (gegen die man den Rauch von erhitzten Samen inhalierte) angewendet. Ein am Johannistag (24.6) gepflücktes Bilsenkraut – so eine brandenburgische Anweisung aus dem 16. Jahrhundert – muss mit Öl übergossen und in einem Topf in der Erde vergraben werden; in der Christnacht dann um Mitternacht hervorgeholt, wirkt es entscheidend gegen die – damals weitverbreitet – Gicht.
Steckt man Bilsenkräuter an Haustüren und Stalltore oder in den vier Ecken des Stalls auf, so schützt dies vor Geistern und Dämonen und verhindert die Behexung des Viehs.

Seit alten Zeiten war es üblich, dem Bier Bilsensamen zuzusetzen, um es berauschender zu machen. Die Pflanze wurde zu diesem Zweck von den Bierbrauern auch angebaut.
Noch bis ins 19. Jahrhundert hinein war der alte Brauch, die „tollmachende“ Bilse trotz aller Verbote dem Bier zuzusetzen, in Deutschland nicht ausgestorben. Erst die Anhebung des Alkoholgehaltes wird wohl ein Ende der Bilsenzeit eingeläutet haben.

Wirkungsweise
Das Scopolmin des Bilsenkrauts soll auch – besonders in Verbindung mit den übrigen Bestandteilen der Pflanze – für halluzinatorische Flugerlebnisse verantwortlich sein, sowie für die Imagination, Tiere zu sehen oder selbst in ein Tier verwandelt zu sein. Eine der Quelle nach zitierte Hexensalbe besteht aus:

5 Teile Tollkirschenwurzel
8 Teile Eisenhut
4 Teile Malvenblätter
10 Teile Bilsenkraut
5 Teile schwarzer Nachtschatten
2 Teile Fünffingerkraut
10 Teile Schlafmohn
6 Teile gefleckter Schierling und
6 Teile schwarze Nieswurz

ACHTUNG GIFTPFLANZEN!!!
OHNE KENNTNISSE IST VON NACHAHMUNG ABZURATEN!!!

Die beiden mengenmässig herausragenden Bestandteile sind Bilsenkraut und Mohn. Letzterer soll vor allem den Schlaf herbeiführen, während ersteres für das Gefühl des Fliegens verantwortlich ist. Die aus den Kräutern – alle bis auf Malve und Fünffingerkraut sehr giftig! – gezogene Quintessenz soll mit 200 Teilen tierischen Fettes zur Flugsalbe verarbeitet werden. Allerdings soll auch bereits der reife Bilsensame, in durchlässigen Säckchen unter den Achselhöhlen getragen, eine Flugempfindung auslösen können.



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