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„Denn purer Wille, ungemildert durch Absicht, entbunden von dem Gelüst nach Ergebnis,
ist in jeder Hinsicht vollendet.“
Aleister Crowley, Liber AL I:44
Das Pentagramm ist in vielen Kulturen ein Symbol mit ganz
unterschiedlichen Bedeutungen und vielen verschiedenen Namen.
Bei den Griechen war es das Pentalpha, das aus fünf Alphas zusammengesetzt ist,
bei den Gnostikern der flammende Stern und bei den Druiden ein Symbol des Gottes.
Auch im Wicca ist das Pentagramm als Symbol verbreitet
und hat auch hier verschiedene Bedeutungen.
Zum Beispiel gilt das inverse Pentagramm, also mit der Spitze nach unten,
als Symbol des zweiten Grades.
Die erste Assoziation, die man mit dem inversen Pentagramm wahrscheinlich verbindet,
ist der Satanismus und vielleicht ist das auch gar nicht so falsch.
Jedoch erschwerte dies die Recherche, da sich die zahlreichen magischen Werke
nur verhalten zu diesem Thema äußern.
In diesem Artikel versuche ich, die Bedeutung dieses Symbol für den zweiten Grad darzustellen.
Bereits 1949 beschrieb Gardner in einem Initiationsritual in den zweiten Grad, wie der
Initiator dem Initianten das inverse Pentagramm symbolisch übergab.
In einer Überarbeitung von 1957 wird dies durch den heute als Abstiegslegende bekannten Text verdeutlicht.
Die Legende sagt Folgendes aus:
Die Göttin, welche das Leben und die Liebe personifiziert, steigt hinab in die Unterwelt.
Sie begegnet dem Herrn des Todes, um durch ihn seine Mysterien zu ergründen.
Aber sie muss erkennen, dass man diese nur durch Erfahrung verinnerlichen kann.
So gibt sie sich dieser zunächst leidvollen Erfahrung hin und am Ende der Legende
kommt es zur Vereinigung der scheinbaren Gegensätze von Licht und Dunkelheit und von Leben und Tod.
Vivianne Crowley beschreibt die Zweitgradinitiation als eine „gefahrvolle Suche.“
Nach ihrer Meinung als Psychologin und Wicca wird im zweiten Grad
die helle Seite unseres Bewusstseins mit der dunklen konfrontiert.
Diese beiden Seiten sollen jedoch keine Gegensätze sein,
sondern sich im Idealzustand im harmonischen Gleichgewicht befinden.
Das heißt, es geht nicht darum, seine dunkle Seite zu überwinden,
sondern sie ins Gleichgewicht zu bringen bzw. zu kontrollieren.
Die Symbolik des inversen Pentagramms ist heute sehr vielfältig und wird auch immer erweitert.
Was die Erfinder des Symbols sich damals gedacht haben, ist nur wenig bekannt und das,
was man weiß, versuche ich weiter unten zu erläutern.
Da das aufrechte Pentagramm Schutz bedeutet, schließen viele Magie Praktizierende darauf,
dass das inverse für ein Fehlen dieses Schutzes steht.
Ein solches Verständnis kommt von der etwas merkwürdigen Einteilung in weiße und schwarze Magie.
Alle Eigenschaften, die man mit dem Pentagramm verbindet,
kann man ins Gegenteil verkehren, genauso wie das Fünfeck an sich.
Wenn das Pentagramm verkehrt steht, so befindet sich die Spitze des Fünfecks unten.
Dort kann man nun einen Menschen hinein projizieren, der auf dem Kopf steht.
Beim inversen Pentagramm steht dieser im inneren Fünfeck jedoch aufrecht.
Einen interessanten Interpretationsansatz las ich auf einer Internetseite.
Dort hieß es, dass „der Mensch auf dem ersten Blick verdreht, ‚verrückt’“ aussieht,
„aber innerlich wahrhaftig“ ist.
Auch ist das inverse Pentagramm auf einer Spitze stehend wesentlich instabiler als
das auf zwei Spitzen stehende aufrechte Pentagramm.
Daraus könnte man schließen, dass der Zustand des inversen Pentagramms zwar wahrer ist,
aber dass die Schwierigkeit besteht, diesen Zustand aufrecht zu erhalten.
Anm.: Eine sehr fragwürdige Definition, - wieso sollte der instabile Zustand des Menschen
wahrhaftiger sein ?
Um "Wahrhaftigkeit zu repräsentieren", muss man eine sehr stabile Persönlichkeit sein. - A. -
Satanisten, die dieses Symbol am Körper tragen und sich über dessen Symbolik bewusst sind,
sehen das inverse Pentagramm als Symbol für den linkshändigen Pfad oder auch Via Sinistra.
Selbst auf der Marktkirche in Hannover ist auf dem Turm ein inverses Pentagramm angebracht.
Dies besitzt wieder eine andere Bedeutung, es soll nämlich „dem Teufel den Spiegel vorhalten,
so dass er sich vor sich selbst erschreckt, und so die Kirche schützen“.
Laut Vivianne Crowley steht das Symbol für den Ziegenkopf des Gottes.
Die Zuordnung des Ziegenkopfes zu dem inversen Pentagramm kommt erst
aus dem 19. Jahrhundert und beruht auf Eliphas Lévi.
Er sagt dazu in seinem Buch „Transzendentale Magie“:
„Zeigt das Pentagramm mit zwei seiner Strahlen nach oben, so stellt es Satan oder
den Bock des Sabbat dar, ist nur einer seiner Strahlen nach oben gerichtet,
so bezeichnet es den Erlöser.“
Und später noch:
„Wenn man es derart legt, dass zwei seiner Spitzen in der Höhe und eine Spitze unten ist,
kann man es auch als die Hörner, die Ohren und den Bart des hieratischen Bock
von Mendes ansehen, und so wird es zum Zeichen der höllischen Beschwörungen.“
Der Bock von Mendes ist ein Sinnbild für die großen alten heidnischen Götter
wie Pan, Cernunnos oder Herne.
Er steht damit auch für den dunklen Herr des Todes, der Gott im Wicca,
um den es sich im zweiten Grad dreht.
Der gehörnte Bock symbolisiert auch die Verbindung mit dem Planeten Saturn,
welcher als Hüter der Schwelle bekannt ist und als Gott für Initiationen in die Dunkelheit und Zeit steht.
Das Pentagramm mit dem Bockskopf, welches bei Lévi beschrieben wird,
wird auch in abgeänderter Form bei der Church of Satan als offizielles Logo verwendet.
In der Hermetik symbolisiert das Pentagramm den Mikrokosmos.
Gezeigt wird das dadurch, dass man in ihm den perfekten Menschen darstellen kann,
der in Verbindung zu dem makrokosmischen Universum steht.
Das könnte vielleicht gut den Satz aus dem Liber AL „Jeder Mann und jede Frau ist ein Stern“ (AL I:3)
unterstreichen.
Im zweiten Grad steht dieser Mensch Kopf und
somit auch in Verbindung zu dem Trumpf ATU XII „Der Gehängte“ im Tarot.
Die Karte ist zwar eine generelle Initiationskarte,
bedeutet aber auch Stillstand, der im zweiten Grad erfahren wird.
Aleister Crowley schreibt, dass diese Karte
„den Herabstieg des Lichtes in die Dunkelheit repräsentiert, um diese zu erlösen.“
Dies ist quasi analog auf den zweiten Grad anwendbar.
Bei Agrippa ist das Pentagramm den fünf Planeten, aber auch den fünf Elementen zugeordnet.
Wenn man dieses Pentagramm nun auf den Kopf stellt, so dass zwei Spitzen nach oben deuten,
oder es wahlweise um 180 Grad dreht, steht die eigentliche Zuordnung Kopf.
Das heißt, auch unser Mensch, den wir in die Form des Pentagramms gelegt hatten, steht Kopf.
Wo vorher der Äther oder Geist an der Spitze zu finden war, thronen jetzt die vier Elemente.
Der Äther hat die vier Elemente, welche sich in Harmonie befinden,
im Gleichgewicht gehalten und so die Ordnung sichergestellt.
Da sie nun aber über dem Geist thronen, drückt dies das Chaos aus,
in welchem sich der Initiant im zweiten Grad befindet.
Er hat die Gewalt über die Elemente, die das aufrechte Pentagramm ausdrückt,
verloren und muss sich durch die Dunkelheit kämpfen, um wieder zum Licht zu finden.
Vivianne Crowley hat dafür eine psychologische Ausdeutung.
Die vier Elemente deutet sie als vier Funktionen der Psyche
und das fünfte als transzendentalen Teil unserer Psyche.
Wenn wir es erneut drehen, stehen diese vier Funktionen über dem transzendentalen Teil,
das heißt, die Materie steht über dem Geist und beherrscht ihn.
Bei vielen Menschen drückt sich das unterschiedlich aus.
Der eine erkennt oft schmerzhaft, dass Geld vielleicht doch nicht so wichtig ist,
und der andere begreift seine Verantwortung gegenüber dem Coven.
Ich selbst benutze das inverse Pentagramm nicht als Schutz- oder Anti-Schutz-Symbol,
sondern am ehesten als Symbol für den linkshändigen Pfad.
Magisch nutze ich es in Meditationen als Tor in die Unterwelt zum Gehörnten.
Ich visualisiere es in einer bequemen Meditationshaltung und reise
durch das Pentagramm hindurch in die Unterwelt.
Leider habe ich noch nicht die Erfahrung gemacht,
das inverse Pentagramm in Ritualen als Symbol der Macht zu erfassen,
denke mir aber, dass man es in dieser Hinsicht verwenden kann.
Jeder sollte seinen eigenen Umgang mit dem Sinnbild finden,
der natürlich auch teilweise darauf beruht, welchen gedanklichen Hintergrund
man mit dieser Symbolik verbindet.
So ist eine Verwendung dieses Zeichens als Schutzsymbol
wie an der Hannoveraner Marktkirche auch denkbar,
wenn man sich den Hintergrund verinnerlicht.
Probiert es doch einfach mal aus: Legt, setzt oder macht es euch anderweitig bequem,
schließt die Augen und visualisiert das inverse Pentagramm und wartet einfach ab.
Welche Bilder steigen euch dabei ins Gedächtnis?
Vielleicht sind es ähnliche Eindrücke, wie ich sie hier in meinem Artikel erklärt habe,
vielleicht kommen aber auch ganz eigene Assoziationen.
Diese Antwort könnt ihr euch nur selber geben.
Abschließend möchte ich den Artikel mit einem Zitat
von Vivianne Crowley zum zweiten Grad beenden:
„Dies ist der Punkt, zu dem uns unser Animus oder unsere Anima führt.
Der Dunkle Herr und der Aspekt der Göttin als altes Weib, das auch Kybele, die Zerstörerin, ist,
bringen uns den Tod; nicht den Tod des Körpers, sondern den Tod des Ego.
Dies ist ein Tod, den wir suchen und doch fliehen; ersehnen und doch fürchten.“
Olf
Quellen:
Crowley, Vivianne, Wicca, Edition Ananael 1998
Lévi, Eliphas, Transzendentale Magie: Dogma und Ritual, Sphinx 1992
Crowley, Aleister, Das Buch Thoth, Urania Verlag 1981
Freedman, Michael, The inverse Pentagram: Symbol of evil and destruction?
Or misunderstood power for radical healing?
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