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Schön ist die Erde!
Erhebend das Wissen, auf ihrer Fläche zu stehen,
und nichts kann erniedrigen das hohe Gefühl meiner Seele,
in einem Menschen zu wohnen.
(Alfons Petzold)
Im dritten Teil unserer Elementereihe nähern wir uns dem Element Erde.
Wenn wir von der Erde sprechen, meinen wir oft ganz verschiedene Dinge,
zum Beispiel entweder den Planeten mit seiner astronomischen Bedeutung oder
die Erde als mehr oder weniger fruchtbares Land.
Das Wort Erde kann so vieles umfassen, wir verbinden es mit Heimat, den materiellen Dingen,
unserem Körper, aber manchmal auch mit einem Wesen,
welches es zu schützen gilt oder welches für uns der Inbegriff des Mütterlichen,
also der Herkunft, ist.
Besonders im spirituellen Bereich gilt die Erde manchmal als Grenze,
um nicht zu sagen als Gefängnis, aus dem der Irdische erlöst werden kann und muss.
Wir alle sind Kinder der Erde, wir werden auf ihr, aus ihr geboren,
sie gibt uns unseren Lebensraum, nährt uns, schützt uns,
sie ist versorgend, gibt uns Kraft und Stabilität und Festigkeit.
Ebenso vielschichtig wie die Bedeutung des Begriffes Erde ist
unser faktischer Umgang mit derselben.
Wir vergiften sie, treiben Raubbau, verhalten uns, als hätten wir
mehrere Planeten als Lebensraum zur Auswahl, um sie wenig später zu küssen,
zu segnen und als leibhaftige Göttin wahrzunehmen.
Fast erinnert mich diese Ambivalenz an einen Mutterkomplex
und wahrscheinlich ist der Vergleich gar nicht so weit hergeholt.
Aber kommen wir zu den Fakten:
Gehen wir von dem Planeten Erde aus, stellen wir recht schnell fest,
dass gerade hier die anderen Elemente nicht nur vertreten sind,
sondern miteinander interagieren und erst auf diese Weise die Erde bewohnbar machen.
Circa 70% unseres Planeten bestehen aus Wasser und die
aus mehreren Schichten bestehende Atmosphäre ist etwa 640 km hoch.
Aber nicht nur Wasser und Luft, sondern auch die Kraft des Feuers wirkt auf der Erde.
Der Erdkern hat eine Temperatur von 6700°C und ist damit wärmer
als die Oberfläche der feurigen Sonne, deren Einfluss auf die Erde
bekanntermaßen von existentieller Bedeutung ist.
Wenn wir allerdings von der fruchtbaren Erde als Mutter allen Lebens sprechen,
dann geht es in der Regel um den obersten Teil der Erdkruste,
welcher auch als Erdreich oder Erdboden bekannt ist.
Das ist der Teil des Planeten, auf dem der Kreislauf der Lebendigen stattfindet,
es ist die nährende, schützende, sich wandelnde und den Jahreszeiten unterliegende Oberfläche dessen,
was man in seiner Gesamtheit die Erde nennt.
Nach unserem westlichen Vier-Elemente-System,
welches übrigens seit etwa dem 5. Jahrhundert v.u.Z. aus Griechenland kommend,
immer weiter entwickelt wurde, gilt die Erde als ein passives Element.
Ihr werden die Tierkreiszeichen Steinbock, Jungfrau und Stier zugeordnet,
ihre Wesen sind die Gnome, ihre Farbe ist schwarz
und Plato schreibt ihr Dunkelheit, Dichte und Ruhe zu.
Agrippa von Nettesheim schwärmt von der Erde, dass sie Basis und Grundlage aller Elemente sei
und in sich die Samen und Samenkräfte aller Dinge enthalte.
Und weiter meint er:
"Sie nimmt alle befruchtenden Kräfte in sich auf und ist gleichsam erste Gebärerin,
der Mittelpunkt, das Fundament und die Mutter von allem."
Er nennt die Erde den ersten "[...]Stoff unserer Schöpfung und die echteste Medizin
unserer Wiederherstellung und Erhaltung."
Die Erde besetzt im magischen Kreis die Stelle des Winters, des Norden und der Mitternacht.
Das begründet sich durch den geografischen Hintergrund Griechenlands,
nördlich von Griechenland befindet sich Land, also Erde.
Dort soll auch das sagenumwobene Hyperborea gelegen haben.
Davon heißt es, dass die Sonne immer scheint und der Lichtgott Apollon den Winter dort verbringt.
Hyperborea bedeutet "jenseits des Nördlichen" und ist damit eine beinahe
paradiesische Verheißung nach der Überwindung der Finsternis und des Winters.
Genau das birgt auch das Element Erde in sich.
Wenn wir im Jahreskreis den nördlichsten Punkt erreicht haben,
dann verbinden das viele Heiden mit Mittwinter, dem Zeitpunkt der tiefsten Dunkelheit,
des Ruhens der Vegetation und dem Rückzug auf das eigene Innere.
Und genau an diesem Punkt der Wintersonnenwende kehrt der Gott des Lichts,
wiedergeboren und zunächst kaum mehr als eine Ahnung von Leben,
zurück und verspricht damit auch die Rückkehr von Blatt und Blüte und Frucht.
In diesem jahreszeitlichen Zusammenhang wird die Interaktion zwischen den Elementen besonders deutlich.
Da ist es naheliegend, dass selbst im kabbalistischen Lebensbaum
die Sephirah der höchsten Verdichtung der Materie, nämlich Malkuth,
die Vereinigung aller Elemente beinhaltet und dazu mit dem Planeten Erde in Verbindung gebracht wird.
Vielleicht kann man in diesem Zusammenhang auch die Frage nach
der Gewichtung des Nordaltars bei manchen magischen Gruppierungen beantworten:
Nur auf der Erde können wir Menschen den anderen Elementen begegnen
und anders ausgedrückt kann man sagen, dass die Erde - unser Körper - das Gefäß ist,
welches den Geist und die Seele und den Willen vereint.
Es erübrigt sich hoffentlich anzumerken, dass man als Hexe weder dem irdischen Leben entfliehen
noch dieses als Sünde betrachten sollte.
Unsere Körper, unser Leben und unser bewohnter Planet sind großartige Geschenke,
die es zu ehren und zu feiern gilt.
Wir verbinden mit der Erde den Tastsinn, Pflanzen, Tiere, Steine, Felsen, Höhlen, die Materie
- alle materiellen Dinge sind die Einflussbereiche des Elements.
Die Erdkräfte beinhalten Wachstum und Fruchtbarkeit, aber auch das Vergehen und den Tod.
Im Kosmos unseres Körpers werden der Erde die Knochen zugeordnet,
ihre Stabilität und Festigkeit sind das Fundament, welches uns die notwendige Stärke gibt.
Die Erde beschert uns die Erfahrung von fester Materie, Form und Substanz.
Sie ist das Element der Erfahrung, das Element von Geburt und Tod.
Wenn wir uns damit beschäftigen, wird uns der ewige Kreislauf von unaufhörlichem Wachsen,
Reifen und Vergehen des Lebens in aller Deutlichkeit bewusst gemacht.
Als Beispiel für Götter des Lebens und der Fruchtbarkeit sei hier der keltische Gott Cernunnos genannt.
Sein Hirschgeweih repräsentiert die Wachstumskräfte.
Er lässt die Säfte in den Pflanzen steigen und regt die Wiederbelebungskräfte in Mensch und Tier an.
Er setzt mit Hilfe der Muttergöttin die Lebensimpulse frei.
Wenn wir bei den Kelten bleiben, erfahren wir, dass ihre Anderswelt,
das Reich der Abgeschiedenen, meist durch einen Höhleneingang
oder einen Steinkreis betreten wird und sie sich auch unter der Erde erstreckt.
Megalithhügel, natürliche Erhebungen, abgeschiedene Bergtäler oder weite Ebenen
sind die bevorzugten Lebensräume von Gestalten aus der Anderswelt.
Für das Gedeihen des Landes und dessen Fruchtbarkeit
war wahrscheinlich die keltische Göttin Rhiannon (bei den Inselkelten) bzw. Epona (in Gallien) verantwortlich.
Die große Muttergöttin ist die Landschaft selber, das Kornfeld, das frische Grün, welches die Erde bedeckt;
sie bringt hervor, nährt, lässt gedeihen und zerstört auch;
ihr Attribut ist das Pferd.
Sie nimmt ihre Kinder nach dem Tod wieder zu sich, Sterbliche und Unsterbliche gleichermaßen.
Feuerbestattungen wechselten sich mit Erdbestattungen ab,
letztere oft unter aufwendigen Grabhügeln.
Die Kelten beschworen die Erdkräfte in Kultstätten für den Aspekt der Fruchtbarkeit.
Hügel und Erdwälle, besonders rituelle Erdaufschüttungen,
Orte, an denen die Erde also besonders stark ist, dienen oft als Treffpunkt mit dem Übersinnlichen.
Die Vegetationskräfte, personifiziert als männliche und weibliche Wesen,
sind in allen Kulturen und Religionen vertreten.
Der Zweck war und ist immer, das Gras sprießen, die Wälder grünen,
das Korn wachsen und die Blumen blühen zu lassen.
Durch die Vermählung bzw. die Vereinigung der Geschlechter von männlich und weiblich,
Hochzeitszeremonien oder Ähnlichem soll der Kreislauf des Lebens erhalten werden.
Immer mal wieder lese oder höre ich von praktizierenden Heiden die Überlegung,
ob Fruchtbarkeitskulte nicht als überholt gelten.
Dazu kann ich nur den Kopf schütteln, denn was wäre unser Planet ohne seine Flora und Fauna?
Und auch wir wären nicht mehr als eine Erinnerung des toten Staubes,
wenn die Erde damit aufhören würde, zu gebären und sich zu erneuern.
Nun aber zur Praxis:
Wie in den vorangegangenen Elementeartikeln beschrieben, könnt ihr Assoziationen nutzen,
um euch die Eigenschaften der Erde zu verinnerlichen.
An dieser Stelle rate ich euch jedoch als erstes: Geht nach draußen!!!
Nirgendwo sonst könnt ihr euch als erstes dem Element so gut nähern und euch mit ihm verbinden!
Sucht euch ein abgeerntetes Feld, legt euch hin, rollt euch auf ihm,
spürt die Erde unter euch und die abgeernteten Halme;
werdet euch dabei dem Kreislauf von Werden und Vergehen bewusst.
Ihr könnt euch natürlich auch in einen Wald begeben, euch im Schlamm wälzen,
in eine Höhle gehen und deren Schwärze spüren,
euch dort einrollen wie im Mutterleib, um, wenn ihr wieder ans Tageslicht geht,
wiedergeboren zu werden. Euch sind keine Grenzen gesetzt,
probiert alles aus, um euch mit dem Element Erde zu verbinden.
Noch ein paar kleine "Trockenübungen", wenn ihr wieder drinnen seid:
Schafft euch wieder euren eigenen Erdplatz.
Legt ein Tuch in passender Farbe auf den Boden. Braun, ocker oder schwarz, dazu passende Kerzen.
Sucht euch Dinge die ihr vielleicht bei eurem Ausflug gefunden habt,
die ihr mit der Erde in Verbindung bringt. Steine, Knochen, Hölzer etc.
Sucht euch einen beliebigen Gegenstand, den ihr auf euer Tuch legt.
Seid ganz entspannt und schließt die Augen.
Nun nehmt ihr den Gegenstand in die Hand und konzentriert euch nur auf das Tasten.
Fühlt den Gegenstand genau:
Wie fühlt er sich an, wie ist seine Oberfläche beschaffen, ist sie rau oder glatt,
warm oder kalt?
Führt eure Aufmerksamkeit immer wieder zum Gegenstand zurück
und untersucht ihn immer weiter. Lasst eure Finger fortfahren,
bis ihr so viele Eigenschaften wie möglich erkundet habt.
Konzentriert euch nur auf das Tasten, es gibt nichts anderes, nur tasten.
Es gibt keine Unterschiede, du bist das tasten, du bist der Gegenstand.
Du bist eins mit deiner Tätigkeit und dem Gegenstand.
Versucht eine Weile so zu verweilen, bis ihr langsam wieder zurückkommt und eure Augen wieder öffnet.
Besorgt euch Ton, Modelliermasse oder benutzt Wachs um folgende Übung durchzuführen:
Setzt euch wieder bequem auf euer Tuch und legt den Ton vor euch.
Schließt eure Augen und formt mit den Händen, was immer euch gerade einfällt.
Lasst eure Finger fühlen, spüren, tasten und wie von selbst über das Material gleiten,
lasst sie formen, was immer sie wollen.
Lasst euch hineinfallen in die Eigenschaften der Erde und leitet sie in eure Hände,
damit diese unaufhörlich den Ton formen können.
Spürt die Masse zwischen euren Fingern und lasst euch überraschen, was dabei herauskommt...
Hier ist noch ein kleiner Text zum Element Erde.
Setze dich, schließe die Augen und lass ihn dir von jemandem vorlesen.
Er eignet sich gut dazu, einen Kontakt zu deiner eigenen Erdenergie herzustellen.
Du bist ein Samen tief im Boden,
bist die Frucht des Mutterschoßes,
Kind der Erde.
Du fühlst die feuchte Wärme,
du schmeckst das Salz,
du riechst die Blätter des Vorjahres;
riechst ihren Verfall.
Die Erde ist unsere Mutter;
warme Erde in der Glut des Sommers.
Fruchtbare Erde,
du nährst uns.
Steh auf, Kind der Erde, und rufe deine Mutter so, wie sie dich ruft!
Spreng deine Schale,
keime, wachse und gedeihe.
Umarme ihren fruchtbaren Leib!
Spüre, wie alles vibriert.
Eine langsame Regung erst, doch dann immer schneller.
Schon ist der Boden locker, denn viele sind bei dir.
Die Erde ist deine Mutter;
warmes Pulsieren unter der Sonne im Zenit;
unter dem Vater im Zenit.
Steh auf, Kind der Erde, und rufe deine Mutter!
Dem zartesten Halm, wie auch der mächtigen Eiche schenkt sie ihre Kraft.
Spürst du sie, die Kraft unter deinen Füßen?
Verehre sie im Emporstreben - erst neugierig, dann kühn, dann bedächtig.
Verehre sie im Knospen und Keimen,
verehre sie im Blühen!
Denn siehe, ein jeder Mensch ist ein Baum.
Jeder Same trägt in sich einen kräftigen Stamm
und eine mächtige, alles umfassende Krone.
Witro
Quellen:
Ash, Der Kreis der Elemente
Sylvia und Paul F. Botheroyd, Lexikon der keltischen Mythologie
James Georg Frazer, Der goldene Zweig
Agrippa von Nettesheim, Die magischen Werke
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